So geht Landshut
Erik Riss startet mit der Wildcard beim Grand Prix in Landshut. Hier schildert er in eigenen Worten, was die Bahn ausmacht und was er von seinem Gaststart in der Speedway-WM erwartet.
Es klingt wie eine Binsenweisheit. Aber für Landshut gilt ganz besonders: Wenn eines dort wichtig ist, dann ist es der Start. Dafür sorgt das Layout der Bahn, die um ein Fußballfeld gelegt worden ist. Man muss eng in die erste Kurve reinfahren; dabei geht es mehr ums Eck als etwa auf einer runden Bahn wie Breslau. Und am Kurvenausgang spitzt sich die Linie sehr stark zu. Breslau, um bei dem Vergleich zu bleiben, knickt am Kurvenausgang nicht so stark ab wie Landshut. Deswegen ist der Start noch Mal wichtiger als auf anderen Bahnen.
Ein zweites Merkmal von Landshut: die langen Geraden. Die Bahn im Stadion an der Ellermühle ist recht groß; die größte Bahn aller Grands Prix, und wegen der enorm langen Geraden auch die schnellste.
Dazu kommt noch der typisch deutsche Belag, den man zum Beispiel in Polen nicht unbedingt findet. Dort bestehen die Bahnen aus einem grauen Belag, das ist nur ein ganz feiner Sand. In Deutschland und auch Tschechien sind mehr größere Steine im Material. Das wirkt sich auch darauf aus, die das Motorrad sich verhält.
Die 15 Fahrer, die in der WM permanent dabei sind, fahren an jedem Wochenende in Polen. Aber sie sind ja auch nicht ohne Grund im Grand Prix: Die sind extrem gut darin, ihre Motorräder an jeden Bahnbelag anzupassen. Es macht einen echten Weltklassefahrer aus, dass sie ihre Motorräder extrem schnell an die Bedingungen anpassen können.
Speedway kann da zuweilen komisch sein. Man trifft vor dem Rennen seine Entscheidung, wie man die Maschine hinstellt, ist komplett davon überzeugt, dass man den Lauf gewinnt – und dann kann es passieren, dass man gnadenlos untergeht. Denn es spielen unheimliche Faktoren mit rein, wie ein Motorrad sich verhält. Das geht schon mit dem Wetter los: Da geht’s um die Feuchte in der Luft ebenso wie um die Feuchte in der Bahn.
Auf den meisten Bahnen, so auch in Landshut, ist das Wichtigste beim Setup immer die Wahl des hinteren Ritzels. Passt dieses Kettenblatt, geht’s weiter über die Bedüsung des Vergasers. Man wird in Landshut immer so klein und schnell wie möglich übersetzen, weil das die meiste Traktion gibt.
Eine Variable, mit der viele WM-Fahrer arbeiten, sind unterschiedliche Kennfelder für die Zündzeitpunkte. Mit der digitalen Zündbox von Tuner Brian Karger kann man verschiedene Varianten und Programme fahren, etwa eine Startautomatik mit vorgewählter Drehzahl oder auch eine Art Traktionskontrolle für unterschiedliche Stellen auf der Bahn. Man kann sogar auf der Bahn noch was verändern. Mit einer linearen Zündung hat man weniger Auswahlmöglichkeiten.
Ich verwende zwar auch eine Karger-Zündung zu meinen Motoren von Anton Nischler. Aber ich nutze keine der Funktionen. Zu viele Optionen bei den Einstellmöglichkeiten können einen verrückt machen. Ich verlasse mich während all’ meiner Rennen immer nur auf eine einzige Zündkurve. Das hat sich für meine Art zu arbeiten bewährt. Ich fahre die Karger-Zündung nur, weil sie zuverlässiger ist.
Da ich auch für die Devils in der polnischen Liga fahre, kenne ich die OneSolar-Arena natürlich recht gut. In diesem Jahr hatten wir erst ein Heimrennen. Da war die Bahn extrem hart; allerdings hatte es davor auch zwei oder sogar drei Wochen lang überhaupt nicht geregnet, sodass der Bahndienst Probleme hatte, das Wasser in die Belag zu kriegen. Der WM-Lauf im vergangenen Jahr hat ohnehin gezeigt: Auf die Erfahrungswerte von den Ligarennen sollte man sich nicht verlassen. Denn beim Grand Prix war die Bahn außen viel rauer und generell tiefer als bei den Ligarennen, deswegen waren auch ganz andere Linien möglich.
Alles kommt darauf an, welche Richtlinie der Renndirektor Phil Morris für den Bahndienst ausgibt; wie er die Bahn für den Grand Prix vorbereitet haben möchte. Beim Grand Prix 2024 war sie ein einem sehr guten Zustand und hat auch viele Überholmanöver möglich gemacht.
Dadurch, dass ich vor zwei Wochen in Landshut gefahren bin, habe ich aber auf jeden Fall einen Anhaltspunkt, wenn ich jetzt am Sonnabend sehe, wie die Bahn dann daliegt.
Für die Starts hängt viel davon ab, ob die Startplätze noch mal von innen aufgegrubbert werden. Wenn das passiert, sind sie gleichmäßiger. Generell ist mir Startplatz 1 am liebsten. Gerade die 3 ist in Landshut nicht so gut, weil der auf der langen Geraden genau dort liegt, wo am meisten drübergefahren wird. Deswegen ist der dritte Startplatz in der Regel extrem hart. Der rote oder der ganz äußere sind für meinen Geschmack die besten.
Das Starten ist auch das Einzige, worüber ich vor meinem Einsatz als Wildcardfahrer intensiv nachdenke. Ansonsten gehe ich den Grand Prix an wie jedes andere Rennen. Ich freu’ mich natürlich drauf, auch weil ich noch die Chance hatte, mit einer Wildcard im Grand Prix mitzufahren. Aber ich versuch’, wie bei jedem anderen Rennen zu arbeiten und ans Band zu fahren – und dann das Beste rauszuholen.

