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Fortbildungs-Grand Prix

Erik Riss schildert, was ihm sein Gaststart beim Speedway-Grand in Landshut wirklich gebracht hat.

Das Wichtigste war, dass ich mich nicht blamiere. Mit der Prämisse bin ich den Grand Prix von Landshut gegangen. Denn schließlich war mir vorab klar, dass das Leistungsniveau bei einem WM-Lauf höher sein musste als bei einem Ligarennen: In der Liga fährt man nie auf einen Schlag gegen all’ die ganzen Fahrer aus der Weltspitze, auf die man bei einem Grand Prix trifft, sondern bestenfalls auf einen oder zwei davon pro Ligabegegnung.

Für mich kam erschwerend hinzu, dass meine Schulter wieder mehr gezwickt hat, als ich nach Landshut kam. Ich hatte bei der EM-Qualifikation in Mureck drei Tage zuvor bereits im Training auf der von Rillen übersäten Bahn einen brutalen Aufsteiger. Dabei hat es die Schulter, die ich mir vor Wochen beim Finale der Best Pairs-Meisterschaft der Zweiten Britischen Liga verletzt hatte, irgendwie gezogen oder verdreht. Jedenfalls ist nach dem Aufsteiger der leichte Grundschmerz, den ich immer noch gespürt habe, deutlich schlimmer geworden.

Ich hatte an die Bahn in Mureck eigentlich gute Erinnerungen. Als ich dort im vergangenen Jahr gefahren bin, war der Belag glatt und sehr gut. Deswegen wollte ich auch jetzt zur EM-Qualifikation unbedingt wieder dorthin. Aber das war wohl ein Fehler: Dieses Mal wies die Bahn im Training auf den Geraden und in den Kurven sehr viele Rillen auf, im Rennen waren immerhin die Geraden glatt. Doch nach zwei Aufsteigern im Training fand ich irgendwie keinen Zugang mehr ins Meeting und schied deswegen aus.

Die Schmerzen an der Schulter hatte ich am Tag vor Landshut mit haufenweise Eis so weit runtergekühlt, dass sie mich letztlich im Grand Prix nicht mehr behindert haben; ich habe sie auf dem Motorrad nicht mal mehr gespürt. Aber vorm Rennen haben sie zusätzlich dazu beigetragen, dass ich mir mehr Gedanken als sonst gemacht habe. Denn ich konnte vorab beim besten Willen nicht einschätzen, wo im Vergleich zu den anderen stehen würde.

Und es macht einen nervös, wenn man nicht einschätzen kann, wie die eigene Situation ist. Darum war ich vorm Rennen auch sehr angespannt.

Als ich dann im Freien Training um mehr als eine halbe Sekunde langsamer war – da war das zunächst sehr ernüchternd. Es dauerte auch ein paar Minuten, bis man realisiert, woran das wirklich liegt. Man hat zwar recht schnell eine Vermutung. Aber ob die stimmt, siehst du erst, wenn du wieder auf der Bahn bist.

Im ersten Training war ich noch 12. gewesen und hatte gut mithalten können. Im zweiten Training war die Bahn glatter. Ich habe dort mein zweites Motorrad probiert – aber mit der gleichen Übersetzung wie am ersten. Ich vermute, dass alle anderen Fahrer gleich schon fürs zweite Training um mindestens einen Zahn schneller übersetzt haben.

Das kann man selbst dann nicht erkennen, wenn man sich im Fahrerlager umschaut und gezielt auf die hinteren Kettenräder achtet. Denn man kann nicht sehen, was die Anderen hinter der Kupplung für ein Ritzel eingebaut haben. Und die Information bräuchte man, um die genaue Übersetzung zu erkennen.

Ich habe vor meinem ersten Lauf die Übersetzung um einen Zahn schneller gemacht. Das war schon besser. Dann habe ich für Heat 2 anders bedüst und war noch mal schneller. Und für die letzten beiden Durchgänge habe ich noch mal einen Zahn schneller gewählt.

Das Ritzel habe ich noch nie gefahren.

Allerdings fehlen mir auch gewisse Vergleichsmöglichkeiten auf großen deutschen Bahnen, auf denen man vielleicht genauso ins Extrem übersetzen muss: In Brokstedt etwa bin ich schon lange nicht mehr gefahren; bei meinem letzten Einsatz dort waren noch klassische Reifen mit Schlauch üblich. Inzwischen sind schlauchlose Reifen üblich. Und mit den schlauchlosen muss man einen höheren Luftdruck fahren. Dadurch sind auch die Übersetzungen generell länger geworden: So kompensiert man die Gefahr, dass die härter aufgepumpten, pralleren Reifen durchdrehen.

In Landshut musste man genau in dieses Extrem gehen.

Und ich musste mich erst überwinden, mich dahin zu trauen.

Im Grand Prix willst du Punkte fahren. Wenn das nicht klappt, hast du automatisch den Druck, etwas zu finden, und durch den Druck wirst du gezwungen, aus deiner Komfortzone rauszugehen.  In der polnischen Liga habe ich für Landshut beim Heimrennen 11 Punkte geholt, ohne so extrem abzustimmen. Doch wenn du gegen solche Fahrer wie im Grand Prix fährst, dann musst du Sachen machen, die du sonst nie tun würdest.

Das so am eigenen Leib zu erfahren, war sehr hilfreich für mich. Denn es hat meinen Horizont verschoben. Allein deshalb hat es sich gelohnt, die Wildcard bekommen zu haben.

Eine Konsequenz daraus habe ich direkt am Montag nach Landshut gemerkt. Da hatten wir in der Ersten Britischen Liga einen Doppelschlag – ein Heim- und ein Auswärtsrennen gegen Birmingham am selben Tag. Solche Derbys sind für den Nationalfeiertag auf der Insel üblich.

Und natürlich kann man die Bahnen in England nicht mit Landshut vergleichen. Aber dennoch hat dasselbe Prinzip gegriffen: Ich habe mich auch in der Premiership in extreme Setup-Bereiche gewagt. Denn in Birmingham war’s extrem glatt. Da habe ich nach einem Nuller im ersten Heat auch immer schneller übersetzt. Davor habe ich jetzt weniger Angst. Es kann sein, dass das Motorrad bei einer zu langen Übersetzung träge wird oder Overspin kriegt – also bei Glätte zu sehr durchdreht.

Meine Erkenntnisse vom Grand Prix haben mir gezeigt, dass man sich weit vorwagen kann. Am Montag jedenfalls habe ich zweistellig gepunktet, und wir haben mit Oxford unsere ersten beiden Saisonsiege geholt. Der Grand Prix war also nicht nur ein Rennen und ein Erlebnis – sondern auch eine Bildungsreise, von der ich in meiner weiteren Karriere zehren kann.

Fotos: FIM

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