
Der Reset-Knopf
Kai Huckenbeck schreibt, wie er nach den Rückschlägen in den ersten beiden WM-Läufen das Ruder rumgerissen hat.
Alles wieder auf Anfang. Das ist die einfache Formel, mit der wir das Tief vom Saisonbeginn in der WM abgeschüttelt haben. Ich habe irgendwann gemerkt: Das wird mir alles zu viel – zu viele Leute in der Box, zu viele verschiedene Baustellen mit unterschiedlichen Motoren, digitaler Zündung und den ganzen Variablen, die damit zusammenhängen. Irgendwann hatte ich den Eindruck, das ist zu viel Heckmeck und bringt mich nicht weiter.
Deswegen sind wir nach den ersten beiden Grands Prix bewusst wieder zurück zu dem gegangen, von dem wir wussten, dass wir es kennen – und dass es funktioniert. Das heißt nicht, dass die Idee, es mit Motoren und Unterstützung von Matten Kröner und auch der digitalen Zündung zu versuchen, mir inzwischen leid täte. Ganz im Gegenteil. Aber: Wenn wir einen so großen Schritt machen möchten, dann müssen wir da im Herbst des Vorjahres mit beginnen und dann den ganzen Winter hindurch konsequent daran arbeiten.
In diesem Frühling und Frühsommer aber fehlte mir schlicht die Zeit zum Testen, und im Winter konnte ich wegen meiner Verletzung aus Pardubitz auch nicht so viel machen, wie das für einen solchen umfangreichen Neustart nötig gewesen wäre.
Technisch haben wir an den Motorrädern nichts geändert. Wir sind alle Rennen mit Motoren von Bert van Essen gefahren, haben auch die Kupplungen nicht modifiziert. Aber als ich wieder die Ruhe in der Box hatte, mich auf das Nötigste, auf mich selbst und die Arbeit mit meinen beiden polnischen Mechanikern zu besinnen, habe ich gemerkt, wie mich das befreit hat. Ich wollte in der Phase niemanden Anderen sehen, niemanden in der Box haben und am liebsten auch sonst mit niemandem sprechen. Ich wollte mich voll auf mich selbst besinnen.
Dass dabei auch die Trennung von meinem Manager Andreas Borgmann zusammengefallen ist, war so nicht geplant. Der erste Entschluss dazu ging von ihm aus; ich habe dem dann ohne Diskussionen zugestimmt. Dadurch habe ich mehr organisatorische Arbeit, muss mich um das Buchen von Reisen kümmern, auch um andere Logistikfragen. Aber schon als ich zum ersten Mal damit begonnen habe, merkte ich: Dabei blühe ich auf; das macht mir richtig Spaß, und es tut mir gut, mich mal mit etwas Anderen beschäftigen zu können als immer nur mit Speedwaymotoren.
In Manchester haben wir dann im ersten Grand Prix zunächst noch eine Art Notlösung bemüht: Wir hatten im Training die ersten beiden Motorräder probiert, in den ersten Heats auch. Doch damit habe ich die Kraft nicht auf den Boden gebracht. Denn die Bahn war deutlich glatter als beim Speedway der Nationen im vergangenen Jahr. Darum hat auch die Maschine von damals nicht funktioniert. Als für mich der Drops punktemäßig schon gelutscht war, habe ich meinem Chefmechaniker Artur Urbaniak gesagt: „Hol’ das dritte Motorrad aus dem Parc fermé.“ Und damit kam ich dann auf Anhieb besser zurecht.
Also blieb ich auch für den zweiten Grand Prix in Manchester am Samstagabend auf dieser Maschine Nummer 3. Und ich begann auch in Landsberg damit – in jenem Heat, an dem ich so dicht an Bartosz Zmarzlik drangeblieben bin. Das scheint also jenes Motorrad zu sein, mit dem ich derzeit am besten klarkomme.
Ob das in Målilla auch so ist, kann man im Vorfeld nicht einschätzen. Sowohl in Manchester als auch in Landsberg waren die Bahnen härter und glatter als sonst bei Grands Prix üblich. Wobei ich sie in Landsberg gar nicht so glatt fand – sondern ziemlich rillig. Sie ist an einen Stellen richtig aufgebrochen. So erklärt sich auch der Unfall von Martin Vaculík, der mich aus dem Rennen gerissen hat.
Und eine rillige Bahn ist nicht glatt im klassischen Sinne – wohl aber hart und schwer zu fahren. Dass die Maschine, die wir in Manchester quasi von der Tribüne und nicht mal nur von der Ersatzbank geholt und eingewechselt haben, auf diesen beiden Belägen so gut funktioniert hat, ist auch für Schweden ein gutes Zeichen: Sie ist offenbar vielseitig genug, auf unterschiedlichen Bahnen und Linien schnell zu sein.


