Hexenwerk Bahndienst
- Norbert Ockenga
- 6. Mai
- 4 Min. Lesezeit
Peppi Rudolph erklärt, warum die Bahn beim Grand Prix in Landshut sich so präsentierte und entwickelte, wie sie es am Rennabend tat.
Erik Riss resümierte: „Ich habe habe am Fahrerlagerausgang den Unmut der Fahrer mitbekommen.“ Und in der Tat konnte man es vielen Fixstartern in der Speedway-WM beim Auftakt in Landshut nicht recht machen: Zuerst war ihnen die Bahn zu nass und glitschig, am Ende zu trocken und einspurig.
Herbert „Peppi“ Rudolph ist beim AC Landshut Bahnmeister, am Grand Prix-Wochenende allerdings jener Rennleiter, den der einheimische Klub dem FIM-Renndirektor Phil Morris und dessen neuem Stellvertreter René Deddens zur Seite stellt. Das heißt, der ehemalige Rennfahrer, der seine aktive Karriere 2012 beendet hat, kann die Bahnentwicklung beim Grand Prix in Niederbayern aus beiden Perspektiven beleuchten.
Rudolph räumt ein, die Landshuter Bahndienstler hätten in der Vorbereitungszeit in den Tagen vorm Rennen pro Quadratmeter Piste etwa 28 bis 30 Liter Wasser gefahren. „Benötigt hätten wir das Doppelte. Denn wir hatten in den eineinhalb Monaten zuvor keinen Regen. Da ist es sehr schwierig, die Bahn zu öffnen und Wasser einzubringen.“ Die Abläufe der Aufbauarbeiten in der letzten halben Woche vor der Veranstaltung hätten die Vorbereitung erschwert: „Wir haben mit dem Wonderwheel und mit Wasser angefangen. Aber dann immer wieder ein Truck auf die Bahn gefahren und hat die wieder verdichtet – mal vom Tribünenbauer, mal von Warner Bros.“

Anders als die meisten Grand Prix-Bahnen, sind die Kurven an der Ellermühle kaum überhöht. „Wenn du ein Banking hast“, erläutert Rudolph, „machst du die Bahn innen wie außen gleich. Denn dann ist außen allein schon wegen der Überhöhung eine Spur, die du nutzen kannst. Wir müssen das ausgleichen, indem wir außen mehr Griff fahren. Aber bei uns war auch beim Heimrennen der polnischen Liga die Ideallinie schon zu gut, sodass die Fahrer auf der äußeren Spur nicht genug Schwung aufbauen konnten.“
Deswegen regte Rudolph in den letzten Tagen vorm Grand Prix, nach dem Einbringen des Wassers, an, die innere Bahn zuerst austrocknen zu lassen – und dann nach Training und Qualifikation mehr Wasser zu fahren, damit sich das wieder ausgleicht.
Die Ideallinie war schon zu gut, sodass die Fahrer außen nicht genug Schwung aufbauen konnten. – Peppi Rudolph
Und infolge dessen sei von außen der Eindruck entstanden, die Bahn sei zu Beginn des Grands Prix überwässert gewesen. „Aber es dauert ein Weilchen, bis der Belag anfängt zu arbeiten“, relativiert Rudolph. „Wenn wir vor der Veranstaltung Regen gehabt hätten, hätte die Bahn das Wasser anders aufnehmen können. Und wir haben vor zwei Jahren einen Lehmanteil reingemischt; der braucht eine gewisse Konsistenz, damit er trägt: Ist er zu nass, klebt er nicht mehr, sondern fällt auseinander und macht die Stollen vom Vorderrad zu – so wie es beim Sturz von Mikkel Michelsen passiert ist. Das Vorderrad hält dann nicht mehr, sondern taucht einfach ab ins tiefe Material. Und ist der Lehm im Belag zu trocken, wird er zu hart.“

Weil sich im Laufe der ersten Heats nach den ersten beiden Bahndiensten zeigte, dass das vor allem in der Zielkurve das aufgegrubberte Material zu nass wurde, regte Rudolph bei Morris an, im dritten Bahndienst keinen Wasserwagen mehr einzusetzen. Zudem fuhr er höchstpersönlich mit dem Wonderwheel – also der rotierenden Egge, die der AC Landshut vor zwei Jahren von den Wolverhampton Wolfes in England gekauft hat – gegen die Rennrichtung, um eine andere Struktur in den Belag reinzubringen. „In den Tagen vor dem Rennen fährt man mit dem Wonderwheel sowieso immer je ein Mal in die eine und dann in die entgegengesetzte Richtung.“
Die Folge der nun trockener werdenden Bahn: Hatte die Außenbahn anfangs noch nicht funktioniert, weil der innere Belag zu viel Vortrieb gegeben hatte, wurde es nun innen härter. Die Fahrer suchten den weiten Weg. Aber außen türmte sich ein Berg losen Materials auf. Das wollten die Landshuter aus Sicherheitsgründen nicht zurückschleppen auf die Glatze: „Da wäre das Motorrad mit beiden Rädern über den Übergang vom glatten aufs lose Material einfach drüberweg gerutscht – und dann hätte das Motorrad erst recht einen Sprung gemacht.“

Anders als im Vorjahr, als die beiden Linien gleich gut nutzbar waren und mehr Überholmanöver erlaubten, setzten Bahnmeister und -dienstler heuer nicht auch die vorhandene Kreiselegge ein, sondern nur das Wonderwheel. „Die Kreiselegge wäre zu hart gewesen; die hätte zu tief reingegriffen und dann womöglich Steine nach oben befördert.“
Auch das sei eine Folge des fehlenden Regens in den Wochen vor dem Grand Prix. „Natürliches Wasser“, sinniert Rudolph, „tut jeder Bahn besser als künstlich aufgebrachtes.“ All’ das sein in diesem Jahr „den Umständen geschuldet“ gewesen.
Vereinsvorstand Gerald Simbeck bezeichnet die Kritik an der Bahn im neuen Podcast von bahndienst.com, in dem ab Mittwoch der Grand Prix in allen Facetten und mit O-Tönen aus dem Fahrerlager nachbereitet werden wird, als „Jammern auf hohem Niveau“.
Comentários