Comeback zweier Klassiker
- Norbert Ockenga
- vor 3 Tagen
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Am Freitag feiern in Bayern zwei Traditionen Wiederauferstehung und -vereinigung zugleich.
Der Name hat das Zeug, die Annalen des Bahnsports einzugehen: die Grichtmaiers. Bettina und Robert Grichtmaier haben mit ihrem eigenen Team das Jungtalent Julian Bielmeier gefördert. Bielmeier hat 2024 aufgehört, als einer von inzwischen Vielen der scheinbar verlorenen aktuellen Speedwayfahrergeneration von Erik Bachhuber über Lukas Baumann bis zu Sandro Wassermann. Doch die Grichtmaiers sind immer noch aktiv. Der Metallbauer aus Kirchseeon hat etwa Celina Liebmann jenes Langbahnmotorrad leihweise zur Verfügung gestellt, mit dem 25-Jährige in Pfarrkirchen ihren ersten Test auf einer 1.000-Meterbahn bestritt.
Und die Grichtmaiers stecken auch hinter der wohl spektakulärsten Wiederbelebung des modernen Bahnsports: Das Grasbahnrennen in Nandlstadt, ein echter Klassiker, wird heute Abend erstmals vom Bund Bayerischer Motorsportler veranstaltet – seinerseits auch ein Klassiker. „Das ist eine sehr lange Geschichte. Es hat sich alles langsam aufgebaut: über den Bayern-Cup neue Fahrer in den Verein bringen; neue Mitglieder gewinnen; Präsenz zeigen“, blickt Bettina Grichtmaier auf die sehenswerte Fusion zurück. zurück. „Wir waren durch die jahrelange Unterstützung von Julian Bielmeier viel unterwegs. Aber ohne die Hilfe von vielen Vereinen, Einzelpersonen und dem ADAC hätten wir das nicht geschafft.“
Die Nachricht hat mich überrascht und erfreut. – Gerhard Betz
Der Bund Bayerischer Motorsportler, kurz BBM, stand immerhin 53 Jahre lang ohne eigene Bahn da. Jetzt betreibt der Traditionsklub die Zeilhofbahn in Nandlstadt – die letzte Grasbahn in Bayern. Bereits im Frühling hatte der Prädisent des BBM, Josef Wenleder, in der Fachzeitschrift „Bahnsport aktuell“ in einem ausgiebigen Interview erklärt: Der Verein hätte 1971 sein Stadion am Rande des heutigen Olympiaparks in München aufgeben müssen, sich mit Eisspeedway auf dem Feringasee über Wasser gehalten und ab 1982 Hallenspeedway- und motocross ausgerichtet. In den letzten Jahren hätten Robert und Bettina Grichtmaier ein ein Speedwayteam aufgebaut, das den Bayern-Cup mehrfach begonnen hätte. Nach einem Rennen in Nandlstadt hätte den BBM dann die Information erreicht, dass der MSC Wolnzach keine Veranstaltungen in Nandlstadt mehr ausrichten wolle. Das sei die Jahrhunderchance gewesen, und man hätte sich sofort mit den Verpächtern, den Landwirten vom benachbarten Zeilhof, geeinigt. Das offene Grasbahnrennen, das nun am Abend des heutigen Freitags stattfindet, sei ein Traditionstermin, den man wiederbelebt hätte.
Dahinter steckt vor allem ein innovatives Werbekonzept, das Mund-zu-Mund-Propaganda bei Kinderrennen in Mühldorf ebenso umfasst wie eine moderne Rennzeitung, die das traditionelle Programmheft auf das nächste Level hebt. Neben den Läufen der I- und B-Lizenz lockt am Freitagabend auch eine Rallyedemonstration, in der unter einem ein Ford Fiesta Rally2 aus der WM sowie in Silvia Häringer auch eine legendäre Dame des deutschen Motorsports zu bestaunen sind.

In der Rennzeitung zeigt sich Gerhard Betz, der Bürgermeister von Markt Nandlstadt, erfreut über die Entwicklung. „Einige Jahre hat unsere Zeilhofbahn im Dornröschenschlaf gelegen“, wird von ihm heute Abend in der Rennzeitung zu lesen sein. „Um so mehr hat mich die Nachricht überrascht und erfreut, dass sich im Bund Bayerischer Motorsportler nun ein Verein gefunden hat, welcher der Grasbahn wieder dauerhaft Leben einhauchen wird. Die geplanten Trainingstage für die Kinder lassen hoffen, dass sich der BBM und auch der Markt Nandlstadt über motorsportverrückten Nachwuchs freuen darf.“
Der BBM kann trotz der Pause auf eine illustre Vergangenheit zurückblicken. Zu seinen Mitgliedern zählten unter anderem der legendäre Karl „Karli“ Maier aus Neufinsing, in den Achtzigern und Neunzigern die eine Hälfte des Nord-Südduells mit Egon Müller, das Speedway-. Lang- und Grasbahnen in ganz Deutschland mit Zuschauern geschwemmt hat. Auch Ernst Gschwender, bajuwarische SuperbikelegendeInhaber von Ernies V8 Shop für hubraumgewaltige amerikanische Sportwagen und fallweise GT2-Pilot in der Grand-Am und der FIA-GT, segelte unter der Flagge des BBM.
Beim Rennen bei den nahen Autobahnausfahrten Freising-Ost und Pfaffenhofen an der A92 respektive der A9 am Freitagabend findet sich die deutsche Elite im Feld der Solisten ein: Stephan Katt, Jörg Tebbe und Mario Niedermeier sind am Start, Daniel Spiller hat wegen der Sturzfolgen vom vorigen Wochenende am Mittwoch seine Teilnahme absagen müssen. Dazu kommen der kultige Engländer Paul Cooper sowie die beiden Finnen Tero Aarnio und Henri Ahlbohm. Der 28-Jährige hat seine Wurzeln im Eisspeedway, gewann 2022 den Roloef-Thijs-Pokal in Heerenveen – und ist der Sohn von Jari Ahlbohm. Der wiederum war den deutschen Eisspeedwayfans beim unvergessenen Master of Spikes in Berlin-Hohenschönhausen erstmals begegnet, Ende der Neunziger zwischen den Jahren war das, ins Land geholt von Mary Sievers – der Gattin von Organisator Gerd Sievers. Später fuhr er auch Speedway, stürzte auf der Bahn in Bad Zwischenahn, die es nicht mehr gibt, so schwer, dass er sogar einige Tage im bremischen Krankenhaus Links der Weser lag.
Damit gibt’s in Nandlstadt am Freitagabend viel zu reden: Sowohl Cooper als auch Co-Bahnsprecher Christian Platzer, der Chef von Inn-Isar-Racing, sind leidenschaftliche Eisspeedwayliebhaber.
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