Mit Regeln gegen den Pleitegeier
- Norbert Ockenga
- vor 2 Tagen
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Das Lizenzierungsverfahren für die Ekstraliga in Polen wird neu aufgestellt, um künftig finanzielle Harakiris wie von Landsberg und Tschenstochau zu vermeiden.
Der Betreiber der PGE Ekstraliga hat für 2026 und die folgenden Jahre neue Lizenz- und Finanzregeln beschlossen. Das Ziel ist klar: Vermieden werden sollen Fälle wie bei Włókniarz Tschenstochau oder Stal Landsberg Wielkopolski, deren Finanzprobleme zeitweise die Liga belastet haben. Was sich genau ändert, wie die neuen Regeln aussehen und welche Wirkung man sich davon verspricht?
In den letzten Jahren häuften sich Fälle, in denen Clubs: Verträge und Fahrer verpflichtet haben, ohne gesicherte Finanzlage — mit der Folge, dass Zahlungen ausblieben, Schulden wuchsen und der Sportbetrieb gefährdet war.
Der frühere Ablauf war: Klub formt Mannschaft, schließt Fahrerverträge, anschließend beantragt man Lizenz. Das ermöglichte es, auf Pump zu starten.
Die neue Linie: finanzielle Stabilität zuerst – erst dann Mannschaft verpflichten. So soll sichergestellt werden, dass nur solvente Clubs in die Liga gehen bzw. bleiben.
Und das sind die wichtigsten Neuerungen:
Umgekehrte Reihenfolge im Lizenz- und Transferprozess: Zuerst müssen Clubs ihre Finanzen prüfen und Lizenz beantragen — erst nach Erteilung der Lizenz dürfen sie Spieler verpflichten.
Haushalts- und Bilanznachweise: Mit dem Antrag müssen Clubs belegen: Gewinn- und Verlustrechnung, Liste der Verbindlichkeiten und Forderungen, Budgetplan 2026 sowie Prognose der Einnahmen und Ausgaben.
„Gelbe Karte“ / Status „finanziell gefährdet“: Clubs mit unklarer oder prekärer Finanzlage können diesen Status bekommen — und dann dürfen sie im regulären Transferfenster im November keine neuen Verträge abschließen.
Verpflichtung zur Kapitalzufuhr und Nachschusspflicht: Wenn etwa Sponsorenvereinbarungen oder Zahlungen durch Dritte, also nicht direkt den Klub, gemacht wurden, zählt das genauso wie direkte Klubkosten — und muss bei der Lizenzbeantragung nachgewiesen werden.
Strengere Prüfung von Verpflichtungen: Der Lizenzprüfer, also ein testierender Wirtschaftsprüfer, kann genauer kontrollieren, ob Zahlungen an Fahrer, Gehälter, Verbindlichkeiten wirklich gedeckt sind — und auf Basis des wirklichen Cashflow die Transferfähigkeit limitieren.
Vorbereitung auf künftigen „Finanz-Stabilitäts-Kodex“ (2027): Der Verband kündigte an, zusätzlich einen eigenen Stabilitäts-Regelbau (Regulamin Stabilności Finansowej Klubów) zu schaffen — mit verpflichtenden, klaren finanziellen & buchhalterischen Anforderungen für alle Clubs.

Zusätzlich:
Es entstehen zwei neue Fonds: ein „Rezerwowy Fundusz Finansowy“ und ein „Fundusz Atrakcyjności“. Der Zweck: Finanzielle Polster schaffen, und gleichzeitig Mittel für Jugend bzw. Nachwuchs („Pro Junior System“), womit Clubs weniger auf teure Stars angewiesen sein sollen.
Sportliche Kriterien — nicht nur sportlicher Auf-/Abstieg, sondern auch Kaderqualität / Stabilität kann Einfluss auf Lizenzgewährung haben. Selbst sportlicher Aufstieg garantiert künftig nicht automatisch Teilnahme, wenn die finanziellen oder strukturellen Bedingungen nicht stimmen.
Die Reformen adressieren direkt die Ursachen früherer Probleme:
Verhindern, dass Clubs mit hohen Schulden oder unzureichenden Mitteln unkontrolliert gute Fahrer verpflichten.
Schutz der Fahrer: Wenn ein Club als „gefährdet“ gilt, können sie nicht auf Pump verpflichtet werden — damit sinkt Risiko von Zahlungsrückständen.
Erhöhung der finanziellen Transparenz aller Clubs — jährliche Bilanzen, Budgetpläne, Cashflow-Analysen.
Langfristige Stabilität der Liga: mit Fonds und klaren Regeln wird das System weniger anfällig für einzelne Krisenfälle.
Förderung nachhaltiger Strategien: statt auf kurzfristigen Erfolg durch teure Stars — mehr auf Nachwuchs, Stabilität, solide Finanzplanung.
Allerdings kann nicht garantiert werden, dass damit alle Probleme gelöst sind. Mögliche Schwächen: Klubs könnten versuchen, Verpflichtungen zu verschleiern, zum Beispiel über Drittgesellschaften – obwohl der neue Reglementsteil das verhindern soll, bleiben Umsetzung und Kontrolle kritisch.
Eine „Gelbe Karte“ und Transferlimit könnten Vereine in sportlich kritischen Situationen lähmen, wenn sie kurzfristig verstärken müssten, etwa nach Verletzungen.
Kleinere Clubs mit geringer Einnahmenbasis könnten trotz vernünftiger Führung Probleme bekommen — wenn Sponsoren, Zuschauer oder Stadthilfen ausbleiben.
Der neue Stabilitätskodex kommt erst 2027 – bis dahin bleibt alles eine einzige Übergangsphase mit Risiken.
Die neuen Regeln der PGE Ekstraliga sind ein deutlicher Schritt: Sie nehmen genau das strukturelle Problem, das früher zu Schulden und Lizenzkrisen geführt hat, ins Visier. Wenn sie strikt und konsequent angewandt werden – mit echten Wirtschaftsprüfungen, Nachschusspflichten und transparenter Buchführung – könnten Fälle wie bei Landsberg oder Tschenstochau deutlich seltener werden.
Allerdings bleiben entscheidend: die Disziplin der Clubs, die Ernsthaftigkeit der Kontrolle und realistische Einnahmequellen über Zuschauer, Sponsoren und Stadtfördergelder. Ohne diese kann man zwar Regeln haben — aber auch weiterhin wirtschaftlich wackelige Klubs.


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