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Das Sportrecht hinter dem Boykott

Der MC Güstrow hat das Liga Nord-Rennen in Meißen boykottiert. Ein genauer Blick auf die sportrechtlichen Zusammenhänge zeigt: Das hätte für die Mecklenburger durchaus böse enden können.


Man muss es immer wieder vorausschicken: Der MC Meißen hatte keine Wahl. Und genauso muss man jedes Mal wieder aufs Neue betonen: Die Würdigung der finanziellen Forderung des MC Meißen an die Familie Hyjek und die Berechtigung dieser Forderung ist nicht Gegenstand der Beurteilung dessen, was seit Samstag die Liga Nord – die für die Nachwuchsarbeit so wichtig ist – überschattet.


Sie ist Stein des Anstoßes. Und spätestens seit Familie Hyjek einen Anwalt hinzugezogen hat, konnte der MC Meißen nicht anders, als sein Stadionverbot wegen der zivilrechtlichen Auseinandersetzung aufrechtzuerhalten. Denn egal ob Team- oder Einzelwettbewerb oder einfach nur gemütliche Stadionbesichtigung: Sobald die Meißener Hyjek wieder Einlass gewähren, schaffen sie damit eine Argumentationsgrundlage für die Juristen der Gegenpartei, das Stadionverbot und damit die gesamte Auseinandersetzung samt der Forderung habe sich erledigt.


So spitzfindig geht es nun Mal zu in der Welt von Anwälten und Gerichten, und da liegt die Auseinandersetzung inzwischen. Sie ist aus der kleinen Welt des Speedway auf die juristische Bühne gezerrt worden.


Liest man die inzwischen rausgegebene Presseerklärung des MC Güstrow genau, so geht daraus hervor: Das wussten auch die Mecklenburger. Trotzdem wollten sie mit Hyjek fahren – oder gar nicht. Und boykottierten dann en bloc den Rennabend, als das nicht gelang.


Der Veranstalter entscheidet über Annahme oder Ablehnung der Nennung. – Artikel 4.3 der SLN-Austragungsbedingungen

Aber wie konnte es überhaupt zu diesem Eklat kommen? Das ruft inzwischen auch die ersten Sportkommissare des DMSB auf den Plan, die den Fall für bahndienst.com genau seziert haben – und ihn nach eigenem Bekunden höchst interessant finden.


Dazu muss man sich zunächst die sportrechtliche und verwaltungstechnische Seite der Liga Nord ansehen – und verstehen, welche Abläufe, Prozesse und Zuständigkeiten der Serie zugrundeliegen und sie regeln.


Bei der Veranstaltung am 16. August in Meißen handelt es sich um eine Clubsportveranstaltung. So besagt es Artikel 1 der SLN-Austragungsbedingungen, veröffentlicht auf der Website nbm-news.de „Alle Wertungsläufe der Serie werden als lizenzpflichtige Clubsportveranstaltungen durchgeführt.“


Der DMSB hat zwar ein Klubsportrahmenreglement definiert, die weitere Abwicklung jedoch in die Verantwortung der DMSB-Trägervereine gelegt. Im Falle des Bahnsports hat der ADAC Hansa dann eine Grundausschreibung für den Clubsport Bahnsport 2025 erstellt

Diese Grundausschreibung für den Clubsport Bahnsport 2025 ist die heranzuziehende Basis für die sportrechtliche Bewertung des Skandals. Im Klubsport ist auch sehr klar geregelt, dass viele Dinge insbesondere bei Unstimmigkeiten ohne große Verfahren am Veranstaltungsort geregelt werden. Es gibt keine Sportkommissare und auch keine Gerichtsbarkeit der Verbände DMSB oder FIM.


Liga Nord in Sachsen, aber ohne eine der Mecklenburger Mannschaften: Die Causa Güstrow und der Torros-Boykott von Meißen hätte noch viel weitreichendere Folgen haben können. Foto: Bastian Pressmann
Liga Nord in Sachsen, aber ohne eine der Mecklenburger Mannschaften: Die Causa Güstrow und der Torros-Boykott von Meißen hätte noch viel weitreichendere Folgen haben können. Foto: Bastian Pressmann

In Streitfällen entscheidet vor Ort ein dreiköpfiges Schiedsgericht, besagt Artikel 17.2 der Grundausschreibung für den Clubsport Bahnsport. Gegen diese Entscheidungen sind grundsätzlich keine Einsprüche möglich. Rechtsmittel werden ausgeschlossen. So steht es in Artikel 17.3 DMSB-Rahmenausschreibung Clubsport: „Entscheidungen des Schiedsgerichts sind endgültig und schließen das Verfahren. Teilnehmer haben gegen die Entscheidung des Schiedsgerichts keine Rechtsmittel, es obliegt jedoch dem DMSB bei schwerwiegenden Verstößen – im Einzelfall – das DMSB-Verbandsgerichtsverfahren anzustrengen.“


Zunächst ist zu klären, was im Nennverfahren genau gelaufen ist. Artikel 4 der Grundausschreibung für den Clubsport Bahnsport regelt das Nennprozedere. Demnach müsste eine Nennung beim Veranstalter vor der Veranstaltung eingereicht worden sein. Darauf sollten die Namen der Fahrer stehen. Dann folgt die entscheidende Handlung des Veranstalters, die unter Artikel 4.3 geregelt ist: „Er entscheidet in diesem Zusammenhang über deren Annahme oder Ablehnung.“


Und damit ist das Thema der Teilnahme an Veranstaltung erledigt.


Wenn ein Teilnehmer nicht zugelassen ist, sind die Sportgesetze erst ein Mal außer Kraft gesetzt.


Für die Causa Güstrow heißt das: Die Güstrower hatten im Vorfeld versucht, Patrick Hyjek als Starter zu nennen. Das war ihnen abschlägig beschieden worden. Thema durch.

Dass dennoch bis zum Freitag vorm Rennen weitere Versuche unternommen worden sind, Hyjek entgegen der Absage durchzudrücken, kann man dem MC Güstrow im ganz großen Rahmen anlasten.


Denn dafür gibt es Artikel 3.1. Der greift, wenn die zugelassenen Teilnehmer der Mannschaft – also die versammelte Restaufstellung der Torros bis aus Hyjek, die ja allesamt als Mannschaft hätten antreten können – sich nicht ordentlich verhalten. Internationale Präzedenzfälle werden unter dem Schlagwort „bringing the sport into disrepute“ geführt, etwa der Ausschluss des Formel 1-Teams Andrea Moda, nachdem dessen Besitzer Andrea Sassetti im Fahrerlager von Francorchamps verhaftet worden war.


Der Versuch, einen Fahrer mit lange bekanntem Stadionverbot ins für ihn aus juristischen und zivilrechtlichen Gründen zur Bannmeile erklärten Stadion zu kriegen, trägt das Zeug inne, dem Ansehen des Sports in der Öffentlichkeit zu schaden – denn genau das heißt „bringing the sport into disrepute“.


Der dazu passende Artikel besagt: „Die Teilnehmer motorsportlicher Veranstaltungen sind zu sportlichem und fairen Verhalten verpflichtet. Sie haben sich gegenüber dem DMSB, den DMSB-Mitgliedsorganisationen, Veranstaltern und Sportwarten loyal zu verhalten und jede Handlung zu unterlassen, die den Interessen des Motorsports schaden könnte.“


Der Boykott des MC Güstrow kann durchaus so gewertet werden, als schade er den Interessen des Speedwaysports in seiner Gesamtheit. Sowohl in ihrer Außenwirkung – als auch bei der Abwicklung der Veranstaltung: Zuschauer wurden um die Attraktion eines vierten vollwertigen Ligateams gebracht und haben damit Teile ihres Eintrittsgeldes vergebens gezahlt; die Fahrer der Liga Nord, die eigentlich sportlich gefordert und gefördert zugleich werden sollen, wurden für die Meißener Veranstaltung unverschuldet um einen fairen, vollumfänglichen Wettbewerb gebracht und so in ihrer Entwicklung gehemmt.


Eine Strafe dafür ist nicht so fest definiert wie etwa Fahrverbot für x Monate bei Tempoüberschreitung ab y km/h, sondern Gegenstand einer Verhandlung vorm Sportgericht. Dass es die nicht gibt, ist Glück für den MC Güstrow.


Auch die Öffentlichkeitsarbeit rund um den Boykott des MC Güstrow kann als Schadhaft und den Sport in Verruf bringend gedeutet werden. Aber das ist Stoff für den nächsten Teil der Fortsetzungsgeschichte um den Eklat von Meißen und die Causa Güstrow.

 
 
 

4 Comments


Guest
vor 13 Stunden

Meißen kann nicht Fair Verlieren.

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Pfff
vor 29 Minuten
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Pfff der große MC Heilig Güstrow ist nicht angetreten . Da sollte es eine Sportstrafe geben. Grenzt für mich an einen Erpressungsversuch.

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