Der Prototyp eines Pyrrhussiegs
- Norbert Ockenga
- vor 8 Stunden
- 2 Min. Lesezeit
Warum Grand Prix-Sieger Brady Kurtz trotz seines vierten Erfolgs in Serie der große Verlierer von Breslau ist.
Der erste Schein trügt. Nach dem Speedway-Grand Prix von Breslau hat Bartosz Zmarzlik immer noch drei Punkte Vorsprung auf Brady Kurtz. Exakt so viele also wie vor der Anreise nach Niederschlesien also.
Doch tatsächlich hat der Große Preis an der Oder für eine Vorentscheidung gesorgt. Denn Kurtz hat auf seiner Heimstrecke im Olympiastadion, der ehemaligen Schlesierkampfbahn im Sportpark Leerbeutel, die Vorzeigeversion eines Pyrrhussieges errungen: Der Australier hat zwar den Grand Prix gewonnen – doch trotzdem das Heft des Handelns in der WM aus der Hand gegeben.
Vor Breslau hätte Kurtz aus eigener Kraft Weltmeister werden können: mit zwei Grand Prix-Siegen und mindestens Platz 2 im Sprint von Breslau am Samstagnachmittag. Doch als der Australier nachmittags bereits in der ersten Runde der K.O.-Phase rausflog und Bartosz Zmarzlik ins Sprintfinale einzog, schlug das Pendel erstmals in Richtung des Polen aus.

Nur ein Doppelsieg der Belle Vue-Mancunians Kurtz und Dan Bewley hätte dem Australischen Meister vorm Saisonfinale in Vojens geholfen. Da aber Zmarzlik den cumbrischen Rotschopf im Finale des Grands Prix von Breslau noch abfing, hat er sich die Handlungshoheit gesichert: Anders als vor Breslau, kann nun in Dänemark nur noch Zmarzlik aus eigener Kraft Weltmeister werden – aber nicht mehr Kurtz.
Dem 30-jährigen Stettiner reicht in der Kleinstadt in Süddänemark selbst Platz 2 hinter Kurtz, um mit einem Punkt Vorsprung seinen Titel wieder erfolgreich zu verteidigen.
Denn im Stadion an der Tinglykke, im Industriegebiet außerhalb Vojens’, wird kein Sprint ausgefahren, sondern nur ein Q3, in dem sich vier Fahrer über fliegende Runden messen und so zwar das Recht der frühesten Startnummernwahl erkämpfen – aber keine extra WM-Punkte.
Kurtz kann also nur mit drei Punkten Rückstand in den Grand Prix-Abend gehen. Und die Abstufungen zwischen den einzelnen Endplatzierungen in der Tageswertung liegen bei höchstens zwei Zählern. Selbst ein Finalsieg würde dem Aussie demzufolge nichts nützen, solange nicht mindestens ein weiterer Fahrer hinter ihm, aber vor Zmarzlik in Wertung kommt.
So hat Zmarzlik durch seinen dritten Platz im Sprint von Breslau dafür gesorgt, dass seine Niederlage im Hauptrennen in Niederschlesien kaum ins Gewicht gefällt – sondern ihm im Gegenteil sogar die Lufthoheit beim entscheidenden Abend wenige Kilometer nördlich von Flensburg in die Hände spielt.
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