Die Damenriege der Zweiten Liga
- Norbert Ockenga
- 19. Sept.
- 3 Min. Lesezeit
Die Zweite Bundesliga könnte am Sonntag maßgeblich von drei jungen Fahrerinnen entschieden werden – obwohl eine von ihnen ganz woanders fährt als die anderen beiden.
Gibt es das ganz besondere Geburtstagsgeschenk erst mit drei Tagen Verspätung? Am Donnerstag feierte Sylvia Liebmann in Albaching ihren Geburtstag. Und am Sonntag wird die Mutter von Celina Liebmann, der Mannschaftskapitänin von Inn-Isar-Racing, wissen, ob ihre Mannschaft den Titel in der Zweiten Bundesliga holt.
Denn Sylvia Liebmann ist Teammanagerin jener Frischlingsmannschaft im Speedway, die vor dem letzten Renntag die Tabelle in der Zweiten Bundesliga anführt. Allerdings ist Inn-Isar-Racing am Sonntag beim Saisonfinale in der Horst-Zahn-Arena in Diedenbergen gar nicht am Start: Wegen der ungeraden Mannschaftszahl hat stets eine Équipe spielfrei. Und so muss das bestklassierte Team beim Endlauf in Diedenbergen im Taunus zuschauen, wie sich die Verfolger aus Cloppenburg und Olching schlagen.
Das Stadion unweit des Frankfurter Flughafens ist nach Horst Zahn benannt – einem streitbaren und extrem meinungs- wie auch durchsetzungsstarken ehemaligen Vorstand des MSC Diedenbergen, der Mitte der Neunziger zusammen mit Reiner Horn vom MSC Neuenknick und Franz Arens vom MC Norden die Geschicke des Speedwaysports im Westen des gerade wiedervereinigten Deutschlands oberhalb des Weißwurstäquators maßgeblich geprägt haben, auch in der damaligen Superliga.

Die Ausgangslage ist brisant: Inn-Isar-Racing führt mit neun Matchpunkten vor Cloppenburg mit 7 und Olching mit 6. Sollte Olching in Diedenbergen gewinnen und Cloppenburg Zweiter werden, hätten alle drei Spitzenmannschaften jeweils gleich viele Matchpunkte. Und dann käme es auf die Anzahl der Laufpunkte an, also quasi wie im Fußball beim Torverhältnis. Dort hat Cloppenburg theoretisch die beste Ausgangslage: Das Team von Klubchef Lothar Koopmann muss auf Inn-Isar-Racing 28 Punkte aufholen, um mit einem Zähler auf Tabellenplatz 1 zu schießen. Olching müsste auf die innerbajuwarischen Rivalen 36 Punkte gutmachen, würde dann im selben Atemzug auch die Nordwestdeutschen überholt haben und neuer Tabellenführer werden.
Eine Laufpunktzahl von um die 35 reicht in der Regel zum Tagessieg.
Aber in der Horst-Zahn-Arena wird die Ausgangslage dadurch verschärft, dass sowohl Cloppenburg als auch Olching auf ihre besten Pferde im Stall verzichten müssen. Wegen des Langbahn-WM-Finales in Roden, das am selben Sonntag stattfindet. Dort geht Lukas Fienhage an den Start – statt für die Cloppenburg Fighters in den Taunus zu fahren. Und Martin Smolinski wäre, sofern er gesund wäre, auch in die Region Drenthe unweit der MotoGP-Strecke von Assen gereist statt nur nach Hessen. Doch der Mannschaftskapitän und Vorstand der Fürstenfeldbrucker ist ohnehin immer noch verletzt.

Olching und Cloppenburg – in Selina Schumacher ebenfalls von einer Dame als Teammanagerin betreut – treten mit Rumpfbesetzungen an. Das Team aus der Museumsdorfstadt hat erneut den dänischen Topjunior Nicolai Heiselberg als Ersatz für Fienhage rekrutiert, wie schon in Meißen. Bei Olching ersetzt Valentin Grobauer seinen Boss Smolinski. Vorteil? Wohl leicht bei Cloppenburg. Auf der Nummer 2-Position treffen die beiden SGP2-SoN-Nationalfahrer Jonny Wynant und Patrick Hyjek aufeinander. Vorteil? Olching. Auf der dritten Planstelle sind Carl Wynant und Patricia Erhart nominiert. Da kommt’s drauf an, wie Erhart ins Rennen findet – dann hat sie einen Vorteil auf „Eisen-Carl“. Und bei den Junioren fährt Thies Schweer auf der 250-Kubikmaschine gegen André Damian auf einer 500R. Der Friese Zetel hat dank der konzeptbedingten Unterlegenheit beim Start das Kämpfen und Überholen mehr gelernt als alle anderen Kinder und Jugendlichen im aktuellen Speedwaydeutschland. Also Vorteil Cloppenburg.
Doch so dicht, wie die beiden Verfolger leistungsmäßig beisammen liegen, dürften sie sich gegenseitig viele Punkte klauen – sodass die nötigen Marken zum Überholen von Inn-Isar-Racing schon dadurch außer Reichweite geraten, dass Cloppenburg und Olching sich im Infight aufreiben.

Zumal Gastgeber Diedenbergen und Teterow nicht homogen genug besetzt, um den großen Beiden Punkte zu klauen. Bei Teterow stechen Hannah Grunwald, Wunderknabe Tyler Haupt und Jenny Apfelbeck heraus. Vor allem Grunwald und Haupt können in die Phalanx von Bayern und Niedersachsen einbrechen.
So könnte es durchaus wahrscheinlich werden, dass am Ende zwei junge Frauen zum Zünglein an der Waage avancieren: Hannah Grunwald – und vor allem Patricia Erhart, die Motoren und Verkleidungen von Martin Smolinski in ihren eigenen Maschinen fährt.
Die Dritte im Bunde, Celina Liebmann, verfolgt das Ganze aus der Ferne: Sie tritt am Samstagabend in Wolfslake, am Berliner Ring A10, für Moorwinkelsdamm in der Liga Nord an – um dort gegen Meißen den Titel im Unterhaus zu holen. Liebmann wird dann von Wolfslake die Nacht hindurch runter nach Tschechien fahren, um dort am Sonntag den krönenden Abschluss des Festivals von Pardubitz zu bestreiten: das berühmte Goldhelmrennen mit dem Sechserfinale zum Ende.
Das Wochenende an der Elbe beginnt bereits am Freitag mit der EM, geht dann samstags mit der Flattrack-WM weiter und endet am Sonntag mit dem Goldhelm und Liebmann. Ihr Inn-Isar-Racing Teamkollege Markus Jell startet bereits am Sonnabend bei der Flattrack-WM in Pardubitz.
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