Die Taktik des deutschen Trios
- Norbert Ockenga
- 29. Sept.
- 4 Min. Lesezeit
Valentin Grobauer über die Herangehensweise der Deutschen an die Vorrunde in Thorn – und seine Heimreise am Abend nach der ersten SoN-Veranstaltung.
Viele Schachzüge brauchen sich die Deutschen nicht zurechtzulegen. „Die Taktik ist klar“, sagt Valentin Grobauer vorm ersten Vorrundentag der Paar-WM am Dienstagabend: „Kai und Norick fahren, geben ihr Bestes – und ich bin als Ersatzfahrer vor Ort, der nur dann zum Einsatz kommt, wenn einem der Beiden etwas passiert.“
Das klingt für den Bayern nach einer undankbaren Aufgabe als drittes Rad am Motorrad hinter Kai Huckenbeck und Norick Blödorn, doch er selbst sei damit im Reinen: „Kai und Norick sind klar die besseren Jungs.“
Zumal Grobauer auch die Ortskenntnis in Thorn an der Weichsel fehlt: „Ich war noch nie dort. Aber ich denke, es ist eine gute Bahn. Du schaust dir in all’ den Jahre die Grands Prix und die Ekstraligarennen ein und kriegst so einen Eindruck davon, wie die Bahn ist. Aber sie wird jetzt auf jeden Fall anders präpariert sein für den Grand Prix, weil sie fünf Tagen vier Rennen verkraften muss.“
Nämlich die beiden Vorrundenabende und die Zwischenrunde der Paar-WM für die Erste-Herren-Mannschaften, dazu noch das Eintagesfinale der Paar-WM für Junioren bis 21 Jahre Alter.
Anders als viele andere Nationen, haben die Deutschen im Vorfeld kein eigenes Vorbereitungstraining und keinerlei Teambuildingmaßnahmen bestritten. „Das war schwierig, weil Norick und ich am noch in der Bundesliga in Stralsund gefahren sind und Kai noch in Polen ein Match um den Aufstieg hatte“, wiegelt Grobauer ab. „Aber wir alle drei kennen uns sehr gut. Wir waren alle drei Jahre zusammen in Landshut in der Ligamannschaft.“
Deswegen sieht er in der mangelnden Vorbereitung auch kein Manko, die hohe Kunst des Paarfahrens optimal umzusetzen: „Wir haben das alle drei schon hingekommen. Wenn man sich ein bisschen abspricht, klappt das auch auf Anhieb. Wichtig ist nur, dass solche Absprachen auch erfolgen: Wer fährt vom Start aus wohin? Wenn man von Rot gleich ganz nach außen fährt, ist das für den Partner mit dem äußeren Startplatz natürlich nicht ideal. Da kommt viel auf die Linienwahl an. Man redet vorher im Fahrerlager: ‚Wenn ich den Start gewinne, möchte ich da-und-da hinfahren.‘“
Auch der Ersatzfahrer müsse in solche Kommunikation eingebunden werden, allein schon, um bei der Abstimmungsarbeit mit der Stammbesetzung Schritt zu halten, falls ein kurzfristiges Einwechseln nötig werden sollte: „Wir werden untereinander sprechen. Manchmal hilft es auch, wenn man seine Eindrücke von außen weitergibt – etwa wie der Motor beim Fahren klingt.“
Wenn alles gut läuft, ist ein Platz unter den ersten Drei realistisch. – Valentin Grobauer
Dann kann der Ohrenzeuge dem Einsatzfahrer etwa bei der Abstimmung aufs Pferd helfen, wenn er hört, dass das Hinterrad vergeblich nach Traktion scharrt und die Leistung zurückgenommen oder die Übersetzung geändert werden muss.
Grobauer ist genau wie Huckenbeck ein Außenfahrer. Ob das in Thorn am Dienstag schon funktioniert, wird sich frühestens während des Trainings ab 14 Uhr erweisen. Denn die Bahn wird sich härter präsentieren als bei den Grands Prix; ob sich da schon am ersten Wettkampftag genug loses Material außen sammeln kann, um dort im Griff zu fahren, ist eine der Schlüsselfragen des ersten Durchgangs. „Ich fahre auch lieber außen“, baut Grobauer auf eine strategische Finesse des Wettbewerbs. „Man darf ja die Startplätze untereinander tauschen. Man darf jedes Mal tauschen, da gibt es keine Einschränkung.“
Die im Vergleich zu anderen Einzelwettbewerben veränderte Laufpunktvergabe belohnt Siege weniger, bestraft letzte Plätze aber um so härter: Wird ein Land Zweiter und Dritter, holt die Nation damit mehr Länderpunkte als die gegnerische mit dem Sieg und dem letzten Rang. Diese Finesse kann im Ringen um den Einzug in die nächste Runde entscheidend werden. Im Feld am Dienstagabend ist Titelverteidiger England der klare Favorit auf den Gruppensieg.

Schweden mit Jacob Thorssell, Rückkehrer Fredrik Lindgren und dem rennmäßig eingebürgerten Timo Lahti, Lettland mit Andrej Lebedews, Jewgeni Kostigows und dem Stralsunder Bundesligisten Daniils Kolodinskis sowie sogar die Underdogs aus Slowenien mit Matic Ivačič, Anže Grmek und Luka Omerzel können den Deutschen gefährlich werden.
Grobauer geht allerdings davon aus: „Wenn alles gut läuft; wenn Norick einigermaßen mitfahren kann und Kai so fährt wie in den letzten Jahren in Thorn bei den Grands Prix, dann ist Platz 3 auf jeden Fall ein realistisches Ziel.“
Nur dann würden die Deutschen den Einzug ins Finale von Thorn am 4. Oktober, das live auf dem Pay-TV-Sender „EUROSPORT 2“ übertragen wird, schaffen. Realistisch zeichnet sich ein Duell zwischen Lettland und Deutschland um den letzten Finalplatz ab – hinter Großbritannien und Schweden.
Sollten die Deutschen weiterkommen, fände der Endlauf ohne Grobauer statt. Der gäbe dann dem letzten Bundesligaduell zwischen Güstrow und Stralsund sowie dem Paar-DM-Rennen in Pocking den Vorzug. „Das war von Anfang an mit dem Teammanagement so abgesprochen. Ich fahre noch am Abend nach Güstrow und von dort weiter nach Pocking. Das ist mein Heimatverein; ich bin da großgeworden, habe da selbst eine sportliche Funktion als Jugendleiter. Der Sport lebt bei uns in Deutschland von den Local Heroes, da ist es für mich wichtig, bei diesem Rennen vor dem eigenen Publikum, der Familie und den Sponsoren mit dabei zu sein. Einer der U21-Fahrer würde dann den Reservefahrerplatz einnehmen.“
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