Die Wiederauferstehung
- Norbert Ockenga
- 14. Juni
- 2 Min. Lesezeit
Kai Huckenbeck hat sich mit Verve in der WM zurückgemeldet, auch wenn er am Ende nicht ins Finale kommt. Der Sieg geht an den emsigsten Lerner von Manchester.
So schnell ändert sich das Anspruchsdenken. Plötzlich ist man schon gram, dass Kai Huckenbeck es nicht direkt ins Finale des zweiten Grand Prix von Manchester geschafft hat. Denn der 32-Jährige hat die Messlatte am Samstagabend wieder verschoben.
Am Ende langt es dann nicht Mal fürs Finale überhaupt. Denn in jenem Hoffnungslauf, in dem er statt der direkten Finalteilnahme ran muss, startet er zwar von innen – aber nicht reaktionsstark genug. Drum fährt er hinter Jack Holder und Martin Vaculik hinterdrein und hat nie eine reelle Chance, noch in den Endlauf zu gelangen.
Dennoch: In Manchester ist der Knoten bei Huckenbeck geplatzt. Der Emsländer gewinnt einen Lauf und wird in allen anderen Vorrundenheats jeweils Zweiter. Dass er dann nicht in den Endlauf kommt – geschenkt. Denn die Steigerungsrate von Huckenbeck ist das Thema des Abends. Nach der vielen Selbstkritik, der er sich ausgesetzt hat, zeigt der gebürtige Wuppertaler sich und allen Anderen, dass er das Zeug hat, in der erweiterten Weltspitze mitzufahren.

Nur zwei Fahrer sind in Manchester schneller als Huckenbeck: Bartosz Zmarzlik und Brady Kurtz. Zmarzlik hat auf der Basis des am Vorabend Gelernten seine Maschinen und seine Fahrweise angepasst – und ist damit in den ersten vier Heats der Vorrunde unschlagbar.
Der Pole lässt sich dabei von seinem Förderer Jörg Grohmann, der wegen des 18. Geburtstags seiner Tochter Merle in Güstrow geblieben ist, jeweils Videos von seinen Fahrten, aber auch jenen von Freddie Lindgren und Brady Kurtz aufs Smartfon schicken. In jeder Pause studiert Zmarzlik genau, wie die Bahn sich entwickelt – und wie die beiden Fahrer mit ihrem erheblichen Plus an England-Erfahrung darauf reagieren, ihre Linienwahl und Fahrweisen umstellen und adaptieren.
Die Bahn wird dabei ihren Vorschusslorbeeren wieder gerecht: Hinter Zmarzlik nehmen sich alle Anderen regelmäßig die Punkte weg. Huckenbeck manifestiert zu Beginn des letzten Blocks Platz 2 hinter dem Polen. Dabei profitiert er von einem schweren Sturz von Brady Kurtz einen Durchgang früher: Kurtz fährt ganz außen einen Anlieger, zieht auf der Gegengeraden nach links, trifft dort den auf zwei Dritteln seiner Höhe fahrenden Fredrik Lindgren. Dessen Fußraste verhakt sich mit Kurtz' Maschine, der brettert ungebremst in den Airfence und wird brutal abgeworfen. Bei der Landung schlägt er sich über einen Mittelhandknochen und ein Handgelenk an. Ob er im letzten Block antreten kann, steht lange in den Sternen.
In diesem letzten Durchgang schiebt sich also Huckenbeck auf Platz 2. In den folgenden Läufen lassen sich zwei Fahrer, die ihn abfangen können, ziemlich den Schneid abkaufen: Max Fricke und Lindgren scheitern im Bemühen, mit Huckenbeck gleichzuziehen. Kurtz aber beißt die Zähne zusammen, tritt nicht nur an – sondern schlägt auch den bis dato überragenden Zmarzlik. Damit kegelt er Huckenbeck auf den letzten Drücker in jenen Hoffnungslauf, in dem der Emsländer letztlich ausscheidet.
Im Finale gelingt Kurtz der bessere Start. Doch Zmarzlik legt sich den Australier eine Runde lang zurecht, fährt dabei einen saubereren Strich als sein Vordermann und kann ihn bei Halbzeit überholen. Durch seinen neuerlichen Manchester-Sieg vor Kurtz und Lindgren stiehlt Zmarzlik sich in der WM-Gesamtwertung nun schon auf 11 Punkte Vorsprung davon.
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