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Heiße Ecke am Kreisverkehr

Am Sonnabend steht in Dohren der heimliche Saisonhöhepunkt des deutschen Speedwaysports an.


Die Totenruhe muss ab sofort nicht mehr gestört werden. Denn der MSC Dohren hat zusammen mit der Firma von Lothar Koopmann die elektrischen Leitungen am Eichenring so erneuert, dass das Risiko von Stromausfällen quasi gegen Null geht.


Damit wird Josef Kroner, ehemaliger Speedwayfahrer unter anderem vom MC Norden und Vater des heutigen Klubchefs Tobias Kroner, von einer seiner vielen Improvisationsaufgaben entbunden. Als in Dohren noch das kurzlebige GSM gastierte und mitsamt seiner ganzen Technik für den Livestream noch mehr Strom sog als das Flutlicht am kreisrunden Eichenring ohnehin schon verköstigt, klappte kurz vorm ersten Heat die Stromversorgung komplett zusammen. Papa Kroner stieg kurzerhand in die Leichenhalle der Kirche ein, die nur wenige hundert Meter von der Bahn entfernt steht – und zapfte von dort den nötigen Saft ab, um den Stromausfall zu kompensieren.


Die Bahn in Dohren ist ein einziger Kreisverkehr – und steht für Speedway der besonderen Art. Foto: Heike Kleene
Die Bahn in Dohren ist ein einziger Kreisverkehr – und steht für Speedway der besonderen Art. Foto: Heike Kleene

Die Geschichte, bei der internen GSM-Nachbesprechung im Vereinsheim von „Jupp“ Kroner ebenso lebhaft wie wort- und gestenreich vorgetragen, gilt unter Insidern noch heute als ewiger Klassiker der deutschen Bahnsportfolklore.


Solche Episoden sind im modernen Dohren nicht mehr nötig, denn der Verein aus dem Emsland hat vor seinem diesjährigen Herbstklassiker die Anlage unter den mächtigen Eichen gründlich renoviert. Dank der Sportstättenförderung des ADAC und der Mithilfe der Cloppenburger Spezialisten der Firma von Lothar Koopmann hat die Bahn eine ganz neue elektrische Infrastruktur bekommen.


Der historische Zielrichterturm steht nicht mehr. Foto: Heike Kleene
Der historische Zielrichterturm steht nicht mehr. Foto: Heike Kleene

Und auch oberirdisch muss man sich neu eingewöhnen: Der historische Zielrichterturm mit seinem linksalternativen Bauwagenplatzscharme ist nicht mehr da, sondern einer neuen Konstruktion gewichen. Und die Entwässerung innen neben der Bahn ist neu – und hat sich am letzten Wochenende vor dem Herbstrennen gleich mal bewährt. Da nämlich ging ein veritabler Starkregen über der Anlage nieder – ein Ausläufer jenes Unwetters, das an der gar nicht mal so weit entfernten Nordseeküste für eine Sturmflut gesorgt hat. Statt der prognostizierten 27 Liter pro Quadratmeter prasselten 44 runter.


Aber die Bahn, die im Laufe des Jahres 2025 mit einem neuen Belag samt anderem Bindemittel versehen wurde, hat nicht mal gerülpst. Die Dohrener hatten sie in den Tagen vor dem großen Guss unter Plane gelegt. „Und für den Rest der Woche“, avisiert Klubchef Tobias Kroner, „ist kein Regen mehr vorhergesagt.“


Das Fahrerlager steht in Zelten unter mächtigen Eichen. Foto: Heike Kleene
Das Fahrerlager steht in Zelten unter mächtigen Eichen. Foto: Heike Kleene

Das stimmungsgewaltige Rennen im Emsland verspricht nicht nur wegen des Goldenen Oktobers ein besonderes Spektakel zu werden – sondern vor allem wegen der Fahrer. „Wir haben“, meint Tobias Kroner, „das stärkste Fahrerfeld aller offenen Rennen des Jahres in Deutschland. Ich glaub’, das kann man ohne Übertreibung so sagen.“


Die Melange aus Grand Prix-Fahrern und großen internationalen Namen gibt dem ehemaligen Ipswich- und Danzig-Profi recht. Zwar hatte Kroner zusammen mit dem Güstrower Versicherungsmakler Jörg Grohmann sogar am ganz großen Coup geschraubt, um dessen Werbepartner Bartosz Zmarzlik ins Emsland zu holen. Doch als der Dauerweltmeister ebenso wie U21-Weltmeister Nasar Parnitski und Robert Lambert wegen der Gala der Ekstraliga absagten, gab Kroner erst recht Gas – und zündete ein Feuerwerk von Neuverpflichtungen. In Artjom Laguta und Fredrik Lindgren schob er zwei Hochkaräter in ein Feld, das ohnehin schon vor großen Namen strotzt: Klubfahrer Kai Huckenbeck, der neue U21-Paarweltmeister Norick Blödorn und das Pockinger Original Valentin Grobauer treffen auf die heißen Letten Andrej Lebedews und Francis Gusts. Und auf Timo Lahti, den Finnen, der in Güstrow immer dann gewinnt, wenn er beim Osterpokal antritt. Dazu kommen die dänischen Shootingstars Villads Nagel und Mikkel Andersen – sowie der Engländer Tom Brennan, der im dramatischen Playofffinale der englischen Premiership eine Hauptrolle spielt.


Hier serviert Mama Kroner die beste Erbsensuppe des Speedwaysports – als Grundlage für die After Race Party. Foto: Heike Kleene
Hier serviert Mama Kroner die beste Erbsensuppe des Speedwaysports – als Grundlage für die After Race Party. Foto: Heike Kleene

Die Deutschen und Lebedews, aber auch David Bellego und Bartosz Smektała kennen die urige Rennbahn im Emsland noch aus GSM-Zeiten, für Lindgren und Laguta ist sie Neuland. Und heikles noch dazu: Die Piste ist kreisrund, es gibt keine einzige Gerade, die Maschinen werden im Dauerdrift gehalten. Der Startplatz mündet von außerhalb in den Kreisverkehr ein. Er ragt wie ein Blinddarm unter der eigentlichen Bahn hervor, im Schatten des neuen Zielrichterturms.


Eine Konstante ist für das Rennen am Samstagabend übrigens trotz aller Umbauten geblieben: die Imbissbude „Heiße Ecke“ hinter dem wurmfortsatzähnlichen Startplatz. Dort serviert Mutter Anne Kroner die berühmte dicke Erbsensuppe.


Und wenige Schritte dahinter steht das Festzelt, in dem es nach Rennende bis in die Morgenstunden rund geht.


Wann & wo?


Eichenring Dohlen

11. Oktober 2025

Training ab 17 Uhr

Erster Heat um 19 Uhr

Danach Feuerwerk und After Race Party mit Open End



 
 
 

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