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Lange Nächte, heiße Tage

Fürs Finale der Deutschen Meisterschaft am Sonntag wird in Schwarme wieder die legendäre lange Bahn reaktiviert. Auch sonst steckt viel Hirnschmalz und noch mehr Arbeit hinter dem Spektakel bei Bremen.


Es geht nur mit einer durchgemachten Nacht. Ein Trupp ehrenamtlicher Helfer des MSC Schwarme muss in der Nacht von Samstag auf Sonntag durchschuften, um die Grasbahn in der Nähe von Bremen fit zu machen – fit fürs Finale der Deutschen Langbahnmeisterschaft, das am Sonntagnachmittag in der niedersächsischen Gemeinde Bruchhausen-Vilsen ausgetragen wird.


Denn ein Teil der Bahn ist zwar schon fertig, doch die letzten Handschläge können erst dann getätigt werden, wenn das EM-Halbfinale in Werlte am Samstagabend fertiggefahren sein wird. Denn die Airfences, also die Luftfangzäune vor den Banden in den Kurven, müssen direkt von Werlte nach Schwarme verfrachtet und dort flugs aufgebaut werden. „Nachmittags kommen wir mit einem Team nach Werlte und bauen dann abends dort zusammen mit einigen Helfern vom MSC Hümmling Werlte die Airfences ab, fahren damit sofort nach Schwarme und bauen sie dort wieder auf“, schildert Niels Oliver Wessel, dem Ersten Vorsitzenden des MSC Schwarme. „Im vergangenen Jahr haben wir die ganze Nacht nicht geschlafen. Da waren wir um sechs Uhr mit dem Aufbau fertig.“


Die Luftfangzäune für die passive Sicherheit an den Bahnen sind in Deutschland quasi in eine Kollektiv eingebunden: Sie sind zentral angeschafft worden und lagern zwischen den Rennen auf dem Gelände der Spedition ATS von Thomas Gurk in Westerstede. Jeder Veranstalter, der der Airfences nutzt, zahlt dafür pauschal eine Leihgebühr von 2.000 Euro netto – und eine Kollektivmitgliedschaft in Höhe von 600 Euro. Dabei werden die Luftkissen nicht nur im nordwestdeutschen Raum rund um Westerstede eingesetzt, sondern gehen auch runter bis nach Mühldorf oder Pocking – und über die Grenze in die Niederlande, in Aduard und beim Grasbahn-EM-Finale in Eenrum sind die deutschen Airfences ebenfalls im Einsatz.

Daniel Spiller ist einer der Favoriten bei der Langbahn-DM am Sonntag in Schwarme. Foto: FIM
Daniel Spiller ist einer der Favoriten bei der Langbahn-DM am Sonntag in Schwarme. Foto: FIM

Da Schwarme länger ist als Werlte, wird im Emsland am Samstagabend lediglich ein Teil der vorgehaltenen Airfences benutzt. Der Rest ist schon seit Dienstag in Schwarme aufgestellt. „Eine Kurve ist komplett fertig“, verrät Wessel. „Dabei mussten wir ziemlich viel reparieren. Das hat länger gedauert als erwartet.“


In Schwarme wird die Deutsche Langbahnmeisterschaft auf Gras ausgetragen – mit einem gerupften Fahrerfeld. Weder Martin Smolinski noch Lukas Fienhage sind am Start, Erik Riss befindet sich in medikamentöser Behandlung, ist aber immer noch genau so geschwächt und fühlt sich blümerant und ungedahn wie seit dem neuerlichen Ausbruch seiner Hirndruck- und Sehnervschwellung vor bummelig einem Monat. Und Dominik Werkstetter hatte kurz nach dem Grasbahn-EM-Semi in St. Macaire bei einer privaten Ausfahrt mit seinem Bruder einen schweren Motorradunfall auf der Straße, nachdem er nach Linz ins Krankenhaus geflogen und dort sogar ins Koma gelegt werden musste. Inzwischen ist Werkstetter auf dem Wege der Besserung, war sogar in Mühldorf schon wieder im Fahrerlager – aber an Rennfahren ist noch nicht zu denken. „Weil sich so viele Deutsche abgemeldet haben, entschieden wir uns, einige Fahrer der B-Lizenz ins Hauptfeld hochzunehmen“, sagt Wessel, „und dazu noch drei internationale Fahrer zu verpflichten, die auch ins Gesamtfeld passen – die sollen ja schließlich nicht allein vorneweg fahren.“

Spiller ist die Sensation der jungen Lang- und Grasbahnsaison schlechthin. Hier freut sich Funktionärsikone Josef Hukelmann aus Werlte mit dem 27-Jährigen aus Vilsheim.
Spiller ist die Sensation der jungen Lang- und Grasbahnsaison schlechthin. Hier freut sich Funktionärsikone Josef Hukelmann aus Werlte mit dem 27-Jährigen aus Vilsheim.

Die beiden Engländer Paul Cooper und Charly Powell kommen direkt von Werlte nach Schwarme, Mark Beishuizen steht als dritter Ausländer am Band. „Wir haben darauf geachtet, dass das Feld leistungsmäßig eng zusammenliegt. Wir fahren aber keine Internationale Deutsche Meisterschaft aus. Vielmehr gibt es eine Tageswertung; sollte ein Ausländer da ganz vorn sein, gibt es trotzdem einen echten, vollwertigen Deutschen Meister. Denn es wird eine eigene Wertung nur für die DM-Teilnehmer erstellt.“


Dabei wird in Schwarme erstmals wieder seit Langem auf der altehrwürdigen großen Bahn gefahren statt wie zuletzt auf einer Art Innenring, neben dem dann die eigentliche Piste als neutrale Zone genutzt wurde – also als Auslauf- und Sicherheitszone. „Das eigentliche Layout der beiden Bahnen ist genau gleich. Nur die äußere ist um etwa 100 Meter länger, sie misst 880 Meter“, rechnet Wessel vor. „Wir erhoffen uns von der Rückkehr auf die lange Bahn spannendere Rennen, denn man kann außen bis ganz an an die Bande ranfahren und dann auch besser überholen. Außerdem sitzen die Zuschauer wieder näher dran an den Fahrern. Speziell von der Gegengeraden war der Blick mit der kleineren Bahn doch ziemlich schwierig; da sitzen alle jetzt deutlich näher am Geschehen. So macht der Wechsel auf die alte Bahn die Veranstaltung sowohl für die Fahrer als auch für die Fans attraktiver.“

 
 
 

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