Let's Talk About Sechs
- Norbert Ockenga
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In der britischen Ligaszene herrscht nach wie vor Stillstand. Jetzt musste sogar der jährliche Kongress verschoben werden.
Die Zahl 6 steht im Raum – und blockiert alles. Jetzt musste sogar das AGM aller Klubbesitzer verschoben werden. Dieses Annual General Meeting ist eine Institution, es gibt je ein AGM quer durch alle Sportarten auf der Insel hindurch. Die Jahreshauptversammlung aller Speedwayentscheider fand früher sogar lange auf schönen Mittelmeerinseln statt, damit die Bosse dem grauen englischen Winter entkommen und in Ruhe ihre Entscheidungen fällen konnten.
Jetzt hätte es am Mittwoch dieser Woche in Rugby stattfinden sollen. Doch bereits am Dienstagabend teilte Chris Louis, der Chef des neuen Britischen Meisters Ipswich mit, das AGM sei verschoben, auch die Promotoren hätten noch keinen konkreten Termin für die Neuansetzung bekommen.
Weitere Recherche hinter den Kulissen ergab: Das AGM solle nun erst im Januar stattfinden.
Der Hase liege vor allem bei einem konkreten Punkt im Pfeffer: Wie viele Teams sind bereit, 2026 in einer Ersten Britischen Liga, der bisherigen Premiership, anzutreten – und wie viele beschränken sich auf die Zweite Liga, die bislang Championship heißt?
Zwei Klubs, die bislang in der Premiership dabei sind, machen ihren Verbleib für 2026 davon abhängig, dass das Oberhaus mit sechs Mannschaften ausgerichtet wird. Diese Anzahl hat Ligageschäftsführer Phil Morris derzeit aber nicht beisammen: In Belle Vue, Ipswich, Leicester, Sheffield und King's Lynn stehen nur fünf Interessenten Spalier. Die Zweitligisten Glasgow und Poole könnten sich rein wirtschaftlich einen Aufstieg leisten, mögen aber nicht. Darum werfen die Ligabosse nun Köder nach anderen Zweitligisten aus – und lobbyieren hinter den Kulissen gleichzeitig dafür, eine Erste Liga notfalls auch nur mit fünf Vereinen zu veranstalten.
Doch für den Fall einer solchen Schrumpelliga drohen die beiden Klubs, die sich für ein Erstligasextett stattmachen, mit einem freiwilligen Abstieg in die Zweite Liga – um so zu erzwingen, dass beide Spielklassen zu einer einzigen verschmelzen.

Solange zudem die Sheffield Tigers noch nicht verkauft sind, besteht auch immer noch die Gefahr, dass der Verein der Gebrüder Holder nicht in der Ersten Liga weitermacht – falls deren dann neue Besitzer auch eher eine gemeinsame Liga oder gar einen freiwilligen Abstieg ins Unterhaus befürworten, um so teure Fahrerkosten in der Einnahmeüberschussrechnung zu sparen und damit den Verein fit für eine Zukunft ohne anteilige Einnnahmen aus den TV-Rechten zu machen.
Denn der Absprung des englischen Senders TNT und der damit verbundene Einnahmenverlust die große Krux für die Erstligisten: Wenn man in der Premiership erfolgreich sein möchte, braucht man Grand Prix-Fahrer oder vergleichbare Internationale als Heatleader. Und die sprengen die Kostenstruktur der Mannschaft, weil sie eingeflogen werden müssen, einen Mechaniker, Hotels und einen Transporter brauchen, was alles von den Teams gestellt werden soll. Die breite Masse der anderen Fahrer hat sich dagegen bei der Infrastruktur selbst aufgestellt, sodass die Vereine nur deren Start- und Punktegelder zahlen müssen.
Einen Erstligaverein kann man nur kostendeckend betreiben, wenn man pro Heimrennen zwischen 1.200 und 1.500 Zuschauer hat. Das aber, argumentieren die Verfechter der Sechsteamlösung, sei mit weniger Teams und damit zu vielen immer gleichen Begegnungen und auch stets gleichen Gesichtern im Stadion nicht zu wuppen.
Sie kritisieren auch die Möglichkeit, dass Fahrer als Gäste für immer andere Mannschaften fahren dürfen, etwa als Verletzungsvertretung – und deswegen gehäuft bei stets anderen Gegner im Heimstadion in der Aufstellung stehen würden.
Die vielen Wiederholungen sorgten für eine Übersättigung der Zuschauer, die deswegen nicht so oft ins Stadion kämen wie bei einer Liga mit mehr Abwechslung – sowohl bei den Gastmannschaften als auch bei deren Besetzungen.
Die besten Zweitligateams weisen Tribünenbesuchszahlen auf, die einen Aufstieg möglich machen würden: In Poole sind sogar 2.000 Fans bei den meisten Heimrennen an der Wimborne Road, Glasgow hat auch 1.400 bis 1.600 Leute auf den Rängen und Stehplätzen. Doch beider Vereine Chefs führen diese Zuschauerzahlen auf genau die Vielfalt zurück, die ihnen in der Premiership fehlen würde.
Deswegen stecken die Gespräche auf der Insel gerade in einer Sackgasse. Und das AGM musste überraschend ins nächste Jahr verschoben werden.



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