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Mer muss och jünne künne

Wie die Entscheider der internationalen Speedwaygroßmächte das Gold der deutschen Junioren beim Speedway der Nationen einschätzen.


Eins kann ich Dir sagen“, grinst Oliver Allen am Samstagnachmittag: „Außer den Polen sind die Vertreter einer jeden Speedwaynation froh darüber, dass Deutschland den Titel geholt hat.“


Der Co-Teammanager vom Speedway Team GB hat die Sensation vom Freitagabend sacken lassen und eine Nacht drüber geschlafen. Jetzt resülfiert Allen über den Gesamtsieg von Norick Blödorn, Mario Häusl und Hannah Grunwald beim SoN2 – also die Goldmedaille in der Paar-WM für Fahrer bis 21 Jahre.


Bei einer Blitzumfrage unter den wichtigsten Auslandsvertretern fällt auf: Die Überraschung ist ebenso groß wie das Gönnenkönnen. Und die Verblüffung über den zweiten Deutschen, Mario Häusl. „Michael – oder wie heißt der noch Mal?“ So prägnant fasst einer der Top-Entscheider im Internationalen Speedway den Bekanntheitsgrad von Häusl vor der überraschenden Goldnacht von Thorn zusammen.


Von Blödorn habe ich in England schon viele solcher Abende gesehen. – Mark Lemon

Obwohl Häusl in Pardubitz das Goldene Band für Junioren gewonnen und in Thorn am Ekstraligacamp teilgenommen hat, hat der 18-Jährige aus Bayern bislang noch keinen bleibenden Eindruck in der internationalen Speedwaywelt hinterlassen. Das änderte sich am Freitag schlagartig.


Eine Analyse von Augenzeugen, die das Geschehen auf der Bahn wirklich einschätzen können, brachte hervor: Die Raketenstarts von Blödorn und die Kampfkraft, gepaart mit den Überholerqualitäten von Häusl sind die Gründe für den Erfolg – zwei Einzelleistungen von Solisten, die sich am Rennabend in den entscheidenden Phasen ergänzt haben.


Es ist ein Titel, der maßgeblich auf die beiden Rennfahrer zurückging, nur das Verdienst der Fahrer war – vor allem jenes von Blödorn.


Norick Blödorn präsentiert sich am Freitag wie ausgewechselt. Er wird zum Leitwolf für die jüngeren Teamkollegen – und blüht in dieser Rolle auf und neben der Bahn auf. Foto: HighSpeedPhotographiX
Norick Blödorn präsentiert sich am Freitag wie ausgewechselt. Er wird zum Leitwolf für die jüngeren Teamkollegen – und blüht in dieser Rolle auf und neben der Bahn auf. Foto: HighSpeedPhotographiX

Dabei präsentierte sich ein völlig anderer Blödorn als am Dienstagabend, beim blutarmen Ausscheiden der Deutschen aus der Senioren-Paar-WM. „Von Norick habe ich in England schon viele solcher Abende gesehen“, sagt Mark Lemon – der bei Blödorns englischem Verein Belle Vue als Geschäftsführer arbeitet. „Dass er das kann, wissen wir alle.“ Auch Allen weiß: „An seinem Talent besteht bei keinem Zweifel.“ Lemon ergänzt: „Es fehlt ihm nur an der nötigen Konstanz. Doch auch das ist ganz normal bei Fahrern seines Alters.“


Der andere Blödorn bezog sich nicht nur aufs Fahren, sondern auch aufs Auftreten und die Herangehensweise. Die angespannte Grundhaltung vom Dienstag wich einer Lockerheit; neben Kai Huckenbeck war er dienstags Adjutant, und zwischen den beiden gab es bereits beim letzten Speedway der Nationen mehr Dissonanzen als nach außen hin bekannt wurden. Die knisternde Stimmung spürte man auch am Dienstag. Am Freitag war Blödorn der Anführer der Truppen – und impfte dem ganzen Team jene jugendliche Lockerheit ein, die typisch für ihn ist, wenn er sich in Umfeld und Rolle wohlfühlt. Das übertrug sich auf die Bahn – und zog Häusl mit. Der Umgang mit dem Druck war ein völlig anderer als am Dienstag. Wegen Blödorn.


Hans Andersen, Boss der unterlegenen Dänen, konstatiert: „Die Deutschen verdienen den Titel. Sie sind besser gefahren als wir; niemand holt Gold, ohne der Beste zu sein.“ Linus Sundström, der Chef der Schweden, urteilt: „Die Deutschen haben völlig verdient gewonnen. Solche Abende und solche Ergebnisse sorgen dafür, dass der Sport erst so richtig Spaß macht.“


 
 
 

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