top of page

Neue Deutsche Schnelle?

Er war bei Inn-Isar-Racing die Entdeckung für die Zweite Bundesliga schlechthin. Jetzt fährt er Pfingstsonntag als Favorit beim Störtebeker-Superpokal in Norden. Und das alles erstmals als Deutscher statt wie bisher als Pole. Wer ist Lars Skupień – der neue Hoffnungsträger des deutschen Speedway?


Naht die Rettung aus unerwarteter Ecke? Nach den ernüchternden Resultaten der deutschen Fahrer in allen EM- und WM-Qualifikationsrunden im Speedway, die bislang absolviert worden sind, muss man seine Hoffnungen vielleicht an frisches Blut knüpfen. Und genau das kann man am Pfingstsonntag im Motodrom Halbemond beobachten: Dort kämpft Lars Skupień um den Störtebeker-Superpokal – den er vor zwei Jahren bereits ein Mal gewonnen hat.

In Teterow vertritt Lars Skupień bei Inn-Isar-Racing die verletzte Celina Liebmann auf höchst eindrucksvolle Weise. Dabei passt er nur ins Mannschaftsgefüge, weil er inzwischen als Deutscher fährt. Foto: Inn-Isar-Racing
In Teterow vertritt Lars Skupień bei Inn-Isar-Racing die verletzte Celina Liebmann auf höchst eindrucksvolle Weise. Dabei passt er nur ins Mannschaftsgefüge, weil er inzwischen als Deutscher fährt. Foto: Inn-Isar-Racing

Seinerzeit startete der 27-jährige Lockenschopf aus Fröndenberg noch unter polnischer Lizenz. Doch seit 2025 ist Skupień als Deutscher unterwegs – und war auch schon Reservist bei der EM-Zwischenrunde in Stralsund am Sonnabend.


Das erste Jahr in der polnischen Ekstraliga war damals tiefes Wasser. – Lars Skupień

Wie das? „Meine Eltern sind Polen. Die sind noch zu kommunistischen Zeiten rübergegangen in den Westen – nach Dortmund“, holt Skupień aus. „Mein Vater ist 63, meine Mutter vier Jahre jünger. Wir sind in den Ferien immer zu meinen Großeltern nach Polen gefahren.“ Deswegen hätte er auch als Kind des Ruhrgebiets stets einen Draht zum Geburtsland seiner Eltern beibehalten. „Die beiden Brüder meines Vaters sind Rybnik Speedway gefahren. Antoni ist dort später Trainer geworden, Eugen Motortuner. Ich wollte das deswegen auch immer schon machen, hatte aber in Deutschland lange nie die Möglichkeit dazu.“


Zumal der Ruhrpott auch nicht gerade eine Speedway- oder Bahnsporthochburg ist.


Mit 18 meldete der Gymnasiast sich erstmals zu einem Training bei Meik Lüders im Motodrom Halbemond an. „Im Jahr drauf bin ich für Rybnik gefahren und habe bei meinem Onkel Eugen gewohnt. Der war mein Trainer und hat auch alles für mich gemacht; ich habe mich nur auf die Maschine gesetzt und Vollgas gegeben. Ich habe seinerzeit in nur zwei Monaten meine polnische Lizenz gemacht und bin 2017 in Rybnik als Junior in der Ekstraliga gefahren. Das war damals tiefes Wasser.“


Lars Skupień möchte am Pfingstsonntag zum zweiten Mal den Störtebeker-Superpokal in Norden gewinnen. Es wäre sein erstes Mal als Deutscher. Foto: MC Nordstern Stralsund
Lars Skupień möchte am Pfingstsonntag zum zweiten Mal den Störtebeker-Superpokal in Norden gewinnen. Es wäre sein erstes Mal als Deutscher. Foto: MC Nordstern Stralsund

Nachdem Rybnik aufgrund der Dopingaffäre um Grigori Laguta zwangsabsteigt, wird Skupień zum Senior befördert. Und trennt sich von Onkel Eugen als Berater. „Das erste Jahr als Senior war sehr schlimm für mich: Bei mir ging alles sehr schnell; ich hatte keine Zeit, Speedway zu lernen. Inzwischen habe ich mich aber eingearbeitet.“


Nach der Rosskur in Rybnik folgte ein Zweijahresvertrag mit Oppeln, doch die erwarteten Zahlungen blieben aus. „Ich musste eine halbe Saison bei meinem Eltern arbeiten, um überhaupt über die Runden kommen zu können.“ In der Zeit reduziert sich das Rennprogramm, er fährt in Dohren und gewinnt den Störtebeker-Superpokal. „Meik Lüders war mein erster Trainer. Der hat mir ordentlich Tipps gegeben.“


Durch den Wechsel zur deutschen Fahne ergeben sich ganz neue Perspektiven für Skupień, der für Nordstern Stralsund in der Bundesliga fährt – aber auch fürs deutsche Nationalaufgebot. Foto: MC Nordstern Stralsund
Durch den Wechsel zur deutschen Fahne ergeben sich ganz neue Perspektiven für Skupień, der für Nordstern Stralsund in der Bundesliga fährt – aber auch fürs deutsche Nationalaufgebot. Foto: MC Nordstern Stralsund

Auch bei Nordstern Stralsund erkennen sie sein Talent und sein Steigerungspotenzial – einer der ambitioniertesten und bestgeführten deutschen Speedwayklubs überhaupt nimmt ihn 2024 noch als Polen für die Mannschaft in der neu aufgesetzten Erste Bundesliga unter Vertrag. Auch in diesem Jahr fährt der Westfale für die Hansestädter von der Ostseeküste – nun unter schwarzrotgold'ner Flagge.


Es wäre verkehrt, Skupień als kometenhaften Aufsteiger zu charakterisieren. Auch als echtes Jungtalent geht er nicht mehr durch. Doch dank des Wechsels zur deutschen Lizenz eröffnen sich Möglichkeiten für ihn und für den Verband zugleich. Dabei ist er aufgrund seines familiären Migrationshintergrunds aus einer Zeit, in der Flüchtlinge wegen des Kalten Krieges noch willkommen waren, und wegen seines Status’ als assimilierter Immi in zweiter Generation anders einzustufen als etwa John Davis oder Marvyn Cox. Die beiden Engländer hatten sich nach Querelen um die WM-Nominierungen in den Neunzigern mit dem englischen Verband in eine deutsche Lizenz geflüchtet, waren aber Briten geblieben. Auch wenn „Cocker“ Anfang der Neunziger zu seiner Lebensgefährtin nach Rülzheim in die Pfalz gezogen war.


Ähnliches gilt weiland auch für Simon Wigg – und nun für Eisspeedwayfahrer Luca Bauer, der wegen eines Ingrims von Vater Günther auf den DMSB mit italienischer Lizenz fährt. Skupień ist dagegen Deutscher. Er kann also auch für die deutsche Auswahl antreten – und hat fahrerisch das Zeug dazu, wenn er wieder mehr im Stoff steht.


Das hat spätestens sein Einstand in die Zweite Bundesliga bewiesen. Dort kam er als Verletzungsvertretung für Celina Liebmann bei Inn-Isar-Racing an Bord – und war beim Überraschungssieg der Bayern in Teterow gleich bester Mann, sogar stärker als der Olchinger Star Martin Smolinski. Mit seiner kampfstarken Art verärgert er das bayerische Urgestein, das selbst kein Kind von Traurigkeit ist. Gleichzeitig überzeugt er bei Inn-Isar-Racing Mannschaftskapitänin Celina Liebmann mit seiner unkomplizierten, verlässlichen und professionellen Art – und seiner enormen Grundschnelligkeit.


Auch vom Material her ist der Dortmunder gut aufgestellt: Er verfügt über Motoren der Tuner Bert van Essen und Ashley Holloway – beides Spitzenveredler, die auch in der Grand Prix-Szene stark vertreten sind, etwa mit Freddie Lindgren und Kai Huckenbeck respektive Dan Bewley, Brady Kurtz und Robert Lambert.


Fahrpraxis sammelt Skupień gerade reichlich. Am Freitagabend startet er in Güstrow in der Ersten Bundesliga, samstags beim Auerhahnpokal in Teterow, von dort geht’s direkt weiter nach Ostfriesland, ins legendäre Weltmeisterstadion von 1983. Im Motodrom Halbemond bei Norden ist Skupień einer der Favoriten auf den turmhohen Störtebeker-Superpokal.


Wer am Pfingstsonntag an der Nordseeküste dabei ist, wird Zeuge vom nächsten Schritt des Lars Skupień an die deutsche Spitze und in den deutschen Kader. Auch wenn er selbst noch ein bisschen zaudert: „Ich hab’ noch nicht die richtige Ahnung, wie das in Deutschland alles funktioniert als Deutscher.“


 
 
 

Kommentare


bottom of page