Riesenmedienrummel in Werlte
- Norbert Ockenga
- vor 37 Minuten
- 3 Min. Lesezeit
Beim Grasbahn-EM-Halbfinale in Werlte heute Abend geht's sportlich rund – begleitet vom größten Medienaufkommen aller Bahnrennen in Deutschland überhaupt.
Die beste Nachricht erhält er ausgerechnet an seinem Geburtstag. Und er gibt sie umgehend telefonisch weiter. „Der NDR kommt tatsächlich“, sagt Josef Hukelmann, und man hört sein Lachen durchs Smartfon an diesem Donnerstagmorgen. „Die fangen gegen 17 Uhr an zu drehen und senden dann irgendwann zwischen 19:30 Uhr und 19:40 live.“
Im ersten Teil des Regionalmagazins „Hallo Niedersachsen“ im Dritten des Norddeutschen Rundfunks gibt es also heute Abend eine Live-Schalte an den Hümmlingring in Werlte, zum zweiten Halbfinale der Grasbahn-EM, angereichert mit vorher eingesammelten Interviews und Schnittbildern.

Damit hat der MSC Werlte an einem Abend mehr für den deutschen Bahnsport getan als alle Anderen, ermöglicht in schierer Eigenleistung und -dynamik. Wenn der NDR in einem landesweit ausgestrahlten und bundesweit zu empfangenden allgemeinen Magazin über ein Grasbahnrennen berichtet – dann erinnert das schwer an die Zeiten von Egon Müller. So viel Publicity war seither selten.
Das eigentlich Erstaunliche ist aber nicht nur, dass ein Öffentlich-Rechtlicher sich mit Bahnsport befasst – sondern dass in Werlte am Samstagabend das gesamte Spektrum der Medienpräsenz abgedeckt sein wird. Inklusive Influencer, wonach sich heutzutage alle Marketingler die Finger lecken. Werlte wird in dieser modernsten Form der Medienarbeit vertreten sein – über eine Aktion mit der Firma Sportiva Motor.
Deren Inhaber Michael Leeb kommt extra fürs Rennen ins Emsland.
Sportiva etabliert gerade eine neue Quadmarke aus Asien auf dem europäischen Markt. Die Quads werden nicht nur am Hümmlingring ausgestellt. Ein ganz neues 125-Kubikzentimeterexemplar wird auch unter allen Zuschauern verlost. Genau zu dieser Aktion reist Leeb an – und ein Influencer wird sie auf Social Media modern und aktuell begleiten.
Die Seitenwagen bringen noch mal 1.000 Zuschauer extra. – Josef Hukelmann
Neben diesen beiden Extremen der Medienpräsenz setzt der Klub aus dem Emsland auf viel Regionales: Ems-Vechte-Radio und Ems-TV, das auch regelmäßig vom Speedwayrennen in Rohren berichtet, sind am Start und versorgen die Anrainergemeinden auch schon seit Tagen mit Vorschauen.
Und auch Egon Müller, der einen eigenen YouTube-Channel mit Bahnsport- und Oldtimertreffcontent betreibt, wird ebenfalls ab 15 Uhr im Stadion sein. „Man darf nicht unterschätzen, wie viele Leute der immer noch anzieht“, sagt Josef Hukelmann über Egon Müller. „Er hat immer noch unheimlich viele Fans von früher, die nur wegen ihm zu den Rennen kommen.“ Und der Müller’sche YouTube-Channel ist in Sachen Reichweite und Klickzahlen allen Bahnsportmedien meilenweit voraus.

Überhaupt erweist sich Klubchef Hukelmann als ein Mann mit großem Gespür für eine Veranstaltung als Gesamtkunstwerk. Die FIM etwa schreibt den Veranstaltern von Langbahnrennen vor, dass man während des Grand Prix keine Rahmenrennen etwa von B-Lizenzlern oder Seitenwagen mehr einbinden darf; das Rahmenprogramm muss immer zwangsläufig zum Vorprogramm werden. „Aber wir wollen doch neue Fahrer für den Sport begeistern“, meint Hukelmann. „Deswegen muss man ihnen auch die Chancen geben, sich zumindest ein bisschen auch zusammen mit den Internationalen auf deren großer Bühne zu zeigen. Das ist für den Nachwuchs auch ein Stück weit Motivation.“
Deswegen gibt es am Sonnabend in Werlte nicht nur das große EM-Halbfinale, sondern auch eine Seitenwagenkonkurrenz, die extra auf Plakat und Flyern beworben wird. Die urigen Gespanne werden direkt vorm Vereinsheim stehen, neben den großen Findlingen am Durchgang von der Gras- zur Speedwaytrainingsbahn auf Mutterboden. „Die Seitenwagen bringen bestimmt 1.000 Zuschauer mehr“, weiß Hukelmann, „die Zuschauer wollen die sehen. Ohne die würden wir hier das Rennen nicht so attraktiv durchführen können.“

Deswegen bekommen die Gespanne in diesem Jahr auch eine Sonderwertung, die bei offenen Grasbahnrennen in Werlte sonst den Solisten vorbehalten war: den Deka-Handicap-Sonderlauf. Bislang starteten in diesem Extraheat drei B-Lizenzler um 30 Meter versetzt vor den Besten aus dem Feld der A-Lizenz. Jetzt wird der Deka-Superpokal – eine fast mannshohe Riesentrophäe, dotiert mit Extrapreisgeld – im Finale des Seitenwagenfeldes ausgefahren. Acht Gespanne fahren in Rotation über vier Vorläufe und im Finale gegeneinander.
Um dem zu erwartenden Zuschaueraufkommen auch in Sachen Information gerecht zu werden, setzt Hukelmann nicht nur auf den bewährten Stadionsprecher Michael Schubert, ein Fixpunkt auf Bahnen im Norden. Weil viele Fans aus den nahegelegenen Niederlanden über die Grenze kommen werden, gibt es einen zweiten Sprecher aus Holland, der auch Interviews führen wird.
Schließlich sind zwei Niederländer die absoluten Favoriten auf den Sieg heute Abend in Werlte: Romano Hummel und Dave Meijerink. „Und die beiden“, jubiliert Hukelmann, „kommen erst im Finale zum ersten Mal zusammen. Spannender geht’s überhaupt nicht.“
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