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Rule, Britannia?

Warum England nach einem Zoff nun für die Langbahn-Team-WM Favorit ist und was ein bislang geheim gehaltener Burnout damit zu tun hat.


Kurz ging’s im Fahrerlager von Scheeßel zu wie bei den Gebrüdern Grimm. „Und Zach“, rumpelstilzchete es lautstark aus der Box vom früheren WM-Spitzenreiter Wajtknecht, „wird beim Langbahn der Nationen garantiert nicht für England fahren.“


Das Blut im Team von Wajtknecht und seinem 2025 neuen Mentor Paul Hurry kochte, nachdem der 27-Jährige aus Bristol sich in Scheeßel zu Unrecht vom Finale disqualifiziert sah. Doch seit Mittwoch ist klar: Die Wogen des Sturms im Wasserglas haben sich geglättet, Wajtknecht wird Großbritannien am 13. September im Reiterwaldstadion zu Vechta bei der Team-WM vertreten – gemeinsam mit Chris Harris und Andrew Appleton. Mitch Godden, der Seitenwagenstar, kann als Teammanager auf den jungen Cameron Taylor als Reserve zurückgreifen – der erst 2024 von der Viertelliterklasse auf 500-Kubikmotorräder umgestiegen ist und beim Bahnrekord beim British Masters dieses Jahr den dritten Rang belegt hat.


Damit ist auch klar: Die Deutschen werden Luft mit einer Hand fangen können müssen, wenn sie beim Heimspiel in Norddeutschland den WM-Titel erfolgreich verteidigen möchten. Deutschlands neuer Teammanager Jörg Tebbe bietet wie zu erwarten Martin Smolinski als Kapitän, Lukas Fienhage, den Deutschen Meister Stephan Katt und als Reserve Mario Niedermeier auf. Erik Riss fehlt wegen seiner Sehnerverkrankung weiterhin.


Stephan Katt, hier mit Tuner Matthias Kröger, gibt in Vechta sein Comeback in der Langbahn-Nationalmannschaft. Foto: Norbert Ockenga
Stephan Katt, hier mit Tuner Matthias Kröger, gibt in Vechta sein Comeback in der Langbahn-Nationalmannschaft. Foto: Norbert Ockenga

Wenn man sich das Aufgebot der einzelnen Länder für Vechta genau anschaut, dann fällt auf: England ist klarer Favorit, weil die Briten auf jeder Position gleich stark besetzt sind. Bei Deutschland ist zwangsläufig Sturm 1B auf dem Eis. Zumal Smolinski immer noch unter den Sturzfolgen von Scheeßel leidet und Niedermeier zwar bei den Juniorenwettbewerben in Vechta auf der urigen Bahn im Wald prima klarkam – aber in der Ersten WM-Liga noch gar arg unerfahren daherkommt.


Die Niederländer setzen auf Romano Hummel als Reservist. Ein cleverer taktischer Schachzug. Doch im Stammaufgebot stehen in William Kruit und Mika Meijer zwei Wackelkandidaten, die Dave Meijerink auch dann nicht effektiv genug unterstützen können, wenn Hummel für einen von ihnen reingebracht wird.


Auch Lukas Fienhage tritt auf seiner Heimbahn für Deutschland an. Sein Vater Uwe ist Sportleiter Motorrad beim AC Vechta. Foto: Norbert Ockenga
Auch Lukas Fienhage tritt auf seiner Heimbahn für Deutschland an. Sein Vater Uwe ist Sportleiter Motorrad beim AC Vechta. Foto: Norbert Ockenga

Bei Finnland schwebt ein Fragezeichen über Henri Ahlbom: Der hatte sich nach dem Grasbahnrennen in Zweibrücken mit einem Burnout komplett zurückgezogen. Bis Nandlstadt hatte sich keine Besserung gezeigt, erst eine Woche später spürte der Sohn des ehemaligen Eisspeedwaystars Jari Ahlbom plötzlich wieder die Energie, seine Motorräder zu waschen und vorzubereiten. Aber reichen Schwung und Mumm von Ahlbom schon, um kommende Woche in Vechta eine echte Unterstützung für Tero Aarnio und Jesse Mustonen sein zu können?


Ebenso schwer einzuschätzen: die Dänen. Kenneth Kruse Hansen ist wegen seiner Rücken- und Beinprobleme noch Rekonvaleszent, Jacob Bukhave recht schwankend in seinen Leistungen – und Patrick Kruse als 17-Jährige auch noch reichlich unerfahren. Die Dänen sind die größte Wundertüte von Vechta.


Frankreich und Tschechien sind zu schwach besetzt, sodass Großbritannien als Favorit die Form der Deutschen und Dänen fürchten muss – aber im Reiterwaldstadion von Anfang an die Peitsche schwingen kann.

 
 
 

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