Selbst fünf Siege langen nicht
- Norbert Ockenga
- vor 51 Minuten
- 3 Min. Lesezeit
Bartosz Zmarzlik sichert sich in einem Finale voller Auf und Abs mit dem knappstmöglichen Vorsprung den WM-Titel.
Das Lächeln kommt ein bisschen gequält über die Lippen. „ Es war nicht die Art von Sieg, die ich mir erhofft hatte“, knirscht Brady Kurtz nach dem letzten Speedway-Grand Prix des Jahres in Vojens. „ Aber trotzdem freue ich mich natürlich über einen weiteren Sieg.“
Auch wenn der Triumph im Süden Dänemarks ihm fürs große Ganze nicht weiterhilft. Denn in Vojens, vor 15.500 Zuschauern, läuft Bartosz Zmarzlik im Tagesfinale als Zweiter hinter dem Aussie ein. Damit rettet der 30-Jährige aus Stettin einen WM-Punkt Vorsprung ins Ziel. Und wird so Weltmeister.
Dabei muss Zmarzlik sich wieder durch einen Grand Prix kämpfen, der aus zwei Phasen besteht. Zuerst eilt er von Heatsieg zu Heatsieg, während Kurtz gleich seinen ersten Auftritt gegen Dan Bewley, den Trainingsschnellsten vom Nachmittag, geschlagen geben muss. Kutz lässt zu Beginn auf jener Bahn, auf der er als 16-Jähriger seiner internationale Karriere gestartet hat, vor allem seine Blitzstarterqualitäten vermissen. Zmarzlik scheint in der ersten Halbzeit überlegen.

Dann besiegt Kurtz den Polen im direkten Duell in Lauf 16 und stellt so Punktgleichstand her – nur um in Heat 17 hinter Andrej Lebedews und Fredrik Lindgren lediglich Dritter zu werden. Damit wackelt sogar sein direkter Finaleinzug. Doch weil Kurtz in 58,632 Sekunden die schnellere Laufzeit als Lebedews mit seinen 58,838 zuwege gefahren hat, kommt Kurtz im direkten Vergleich ins Finale – und der Lette muss in den Hoffnungslauf.
Es gibt nach so einer Saison keinen Grund, über irgendwas traurig zu sein. – Brady Kurtz
Nur weil Kurtz in Heat 17 Dritter wird, kann Zmarzlik eine Niederlage gegen Michael Jepsen Jensen in seinem letzten Vorlauf verknusen und kommt dennoch direkt ins Finale. Damit ist der Boden bereitet für einen Polen auf Beobachterposten: Er braucht Kurtz im Endlauf nur hinterherzufahren – und ist Weltmeister.
Das allerdings erweist sich im Finale als leichter gesagt denn getan. Jepsen Jensen und Bewley haben sich über die Hoffnungsläufe qualifiziert. Für Bewley bedeutet der Sieg über Fredrik Lindgren im direkten Aufeinandertreffen im Hoffnungslauf auch, dass er den dritten WM-Endrang schon vorzeitig sicher hat. „Ich bin in dem Rennen“, grinst Bewley, „zwei Mal in eine Kurve reingefahren, ohne auch nur einen einzigen Fuß noch auf einer Raste zu haben.“
Lob und Glückwünsche für Endrang 3 wehrt er ab: „Alles schön und gut, aber mich interessieren eigentlich nur erste Plätze.“

Im Finale stürmt Kurtz vom Start weg in Führung. Dahinter schiebt sich Jepsen Jensen auf Rang 2, nur Bewley kommt nicht nach. Dabei wäre der Rotschopf der logische Schützenhelfer für Kurtz gewesen: Die beiden sind Teamkollegen bei den Belle Vue Aces in der Premiership, und Bewley ist Trainingsschnellster gewesen. Doch im Finale gondelt er nur hinterdrein. „ In der ersten Runde habe ich nur Michael Jepsen Jensen gesehen, und da war ich kurzfristig voller Hoffnung“, rekapituliert Kurtz. „Aber dann habe ich mich wieder umgedreht, über die Schulter geguckt – und gesehen, dass Bartosz doch auf Rang 2 vorgefahren ist. Da war ich für einen Moment desillusioniert.“
Zmarzlik fährt danach einfach hinter Kurtz her und bringt so seinen sechsten WM-Titel ins Ziel. „Aber ich kann Brady Kurtz nur zu solch’ einer Debütsaison gratulieren. Kurtz hat mir eine schöne, aber eine auch harte Herausforderung geboten. Wir haben hart, aber fair miteinander gekämpft“, macht der alte und neue Weltmeister einen Knicks vorm Australier. „ Es ist ein unglaublicher Tag, eine unglaubliche Zeit – sechs Mal Gold zu holen, da steckt auch unheimlich viel harte Arbeit von der Familie und dem ganze Team drin.“
Kurtz nimmt das Lob von Zmarzlik mit einem Lächeln zur Kenntnis: „Wenn ich das so höre – natürlich wollte ich gern gewinnen. Aber nach einer solchen Saison gibt es keinen Grund, über irgendwas unglücklich zu sein.“
Dann guckt er kurz noch Mal zurück zum Siegertreppchen – und grinst schelmisch. „Aber natürlichen hätte ich lieber meinen Kumpel Dan neben mir auf dem Podest gesehen.“
Und das nicht nur aus freundschaftlicher Verbundenheit: Es hätte auch bedeutet, dass er und nicht Zmarzlik Weltmeister geworden wäre.
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