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So wurde Deutschland Weltmeister

Wie sich Norick Blödorn und Mario Häusl so ideal ergänzten, dass Deutschland erstmals eine Paarweltmeisterschaft gewann.


Die favorisierten Polen müssen vorab auf Wiktor Przyjemski verzichten. Denn der hat Ende August bei der Partie zwischen Hallstavik und Gislaved in der schwedischen Elitserien einen schweren Unfall erlitten: Abgedrängt von Artjom Laguta, fädelt er am Hinterrad von Adam Ellis ein und knallt mit Schmackes in den Luftfangzaun.


Przyjemski wird sogar mit dem Rettungshubschrauber abtransportiert, kommt aber mit einem Sprungelenksbruch noch relativ glimpflich davon. Doch solch’ eine Weber-Fraktur braucht einen langen Heilungsprozess. Entgegen der ursprünglichen Planung, ihn nach seinem Comeback in der Liga auch im U21-Nationalteam einzusetzen, wird der U21-Welt- und Polnische Meister in der Woche vor der Paar-WM durch Maksymilian Pawełczak aus Bromberg ersetzt.


Der letztjährige Jugendweltmeister ist erst am 21. September 16 Jahre alt geworden, darf also auch erst seitdem auf Halblitermaschinen fahren. Pawełczak schlägt ein wie eine Bombe, doch sein Stammpaarpartner Damian Ratajczak verfängt sich gleich in seinem ersten Lauf beim Kampf um Rang 2 hinter seinem führenden Landsmann am Hinterrad von Rasmus Karlsson. Nach dem Sturz muss Ratajczak mit gebrochener Hand ins Krankenhaus und wird fortan durch Antoni Kawczyński ersetzt.


Der Lokalmatador aus Thorn wird allerdings von Mario Häusl in Schach gehalten, was Deutschland im direkten Duell mit den Polen einen 6:3-Sieg beschert. Als Kawczyński im fünften Polen-Heat so lange an seinem Startplatz herumgärtnert, dass die 90-Sekundenfrist verstreicht und er sich eine Disqualifikation einhandelt, ist klar: Polen wird zum ersten Mal 2014 nicht Juniorenweltmeister mit der Mannschaft.


Im letzten Lauf erkennen Blödorn/Häusl die Taktik richtig: Sie lassen Bubba Bednář ziehen und konzentrieren sich als Paar voll auf die Schwachstelle des Laufs, den zweiten Tschechen. Foto: HighSpeedPhotographiX
Im letzten Lauf erkennen Blödorn/Häusl die Taktik richtig: Sie lassen Bubba Bednář ziehen und konzentrieren sich als Paar voll auf die Schwachstelle des Laufs, den zweiten Tschechen. Foto: HighSpeedPhotographiX

Stattdessen schieben sich die Deutschen schnell in eine Favoritenrolle. Norick Blödorn gewinnt jeden Start sicher. Mario Häusl reiht eine Serie von dritten Plätzen aneinander – und erweist sich damit als die erwartungsgemäße Verstärkung durch seine Nachnominierung anstelle des ursprünglich von den Teammanagern eingeplanten Patrick Hyjek, der verletzungsbedingt absagen musste.


Die Gegner stehen sich selbst im Wege. Tate Zischke aus Australien wird von Mikkel Andersen im Duell gegen die Dänen von der Maschine gefegt, Andersen deswegen vom Wiederholungslauf ausgeschlossen. Karlsson zieht sich bei dem Sturz mit dem Polen schmerzhafte Prellungen zu und muss auf sein Reservemotorrad ausweichen, ist danach nicht mehr konkurrenzfähig. Und der zweite Schwede, Casper Henriksson, ist eigentlich als Leistungsträger gedacht – erwischt aber einen schlechten Auftaktheat, ist danach mental verunsichert, lässt sich kirre machen, wechselt aufs Reservemotorrad – und das ist für die glatte Bahn zu stark, er kriegt die Leistung und danach ganz Schweden kein Bein mehr auf den Boden. Bei England ist nur Dan Thompson, der wie Norick Blödorn seinen letzten U21-Auftritt hat, ein Punktehamster. So werden Dänen zum ärgsten Verfolger von Blödorn/Häusl.


Die aber legen unterschiedliche Stärken an den Tag – und ergänzen einander so perfekt. Blitzstarter Blödorn und Überholkünstler Häusl können zwar nur manchmal echt klassisch Paarfahren. Doch ihre Qualitäten reichen dann zu jenen Plätzen, die in Sachen Länderpunkte jeweils satte Laufsiege bedeuten. Und als es draufankommt, zünden sie auch die richtige Taktik und finden sich zum Paar zusammen.


In diesem Scharmützel verliert Polen seinen zweiten Mann und damit auch die Titelchancen. Foto: HighSpeedPhotograpiX
In diesem Scharmützel verliert Polen seinen zweiten Mann und damit auch die Titelchancen. Foto: HighSpeedPhotograpiX

Sowohl in Lauf 14 – vor allem aber im alles entscheidenden letzten Lauf des Tages.


Häusl und Blödorn gewinnen in Lauf 14 mit 7:2 gegen Lettland – der erste Laufsieg von Häusl, im Paar flankiert von Blödorn. Häusl wird im Laufe des Abends zum besten Überholer: Ihm gelingen anders als Blödorn die Starts nicht, doch der Bayer kann sich jedes Mal wieder nach vorn wühlen. In Lauf 5 schlagen die Deutschen die Australier mit einem Punkt, wieder nach einem Überholmanöver von Häusl gegen Roo-Käpt’n James Pearson.


In Lauf 21 kann Villads Nagel den führenden Blödorn überrumpeln, in Summe schlagen die Dänen die Deutschen. Es ist die erste Niederlage für Deutschland – und kurz wirkt es, als könnten die Dänen damit noch ein Stechen erzwingen. Doch als sie gegen Polen im vorletzten Lauf des Abends trotz eines Laufsiegs von Mikkel Andersen und wegen eines letzten Platzes von Nagel verlieren, haben die Deutschen in Heat 28 die Entscheidung in der eigenen Hand.


Sie treffen auf die Tschechen, bei denen den Abend hinweg nur Adam Bubba Bednář überzeugen kann, während Jan Jeníček blass bleibt. Also stürzen sich die Deutschen auf Jeníček, lassen Bubba Bednář vorn ziehen. Blödorn klemmt Jeníček ein, macht damit die Türe für Häusl auf; der schlüpft durch, gemeinsam halten die beiden Deutschen Jeníček danach hinter sich und entwerten so den Sieg von Bubba Bednář.


Das 5:4 über die Tschechen bedeutet: Deutschland ist mit einem Punkt Vorsprung auf Dänemark Weltmeister.

 
 
 

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