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Und nun?

Nach dem dritten Einzel-DM-Lauf in Berghaupten hat Norick Blödorn beste Titelchancen. Aber es bleibt schwierig.


Rechnen statt Rennen: Die Deutsche Speedwaymeisterschaft ist nach dem dritten Lauf in Berghaupten ein Fall für die Mathematikkundigen. Weil die Ausgangslage aufgrund der Streichresultatregel derart verworren ist, verzichtet der Verband sicherheitshalber komplett auf jegliche Kommunikation: Auch zwei Tage nach dem Rennen im Schwarzwald gibt es immer noch keine Pressemitteilung, weder über den Rennverlauf noch über den Stand der Dinge.


Auch auf der Website „Bahnsport Deutschland“, die als neue Nachrichtenzentrale für den deutschen Bahnsport aus der Taufe gehoben wurde, findet sich am frühen Montagmorgen rein gar nix.


Dabei war das Rennen in der Ortenau am Samstagabend, obwohl mit unglücklicher Präzision zeitgleich zum WM-Grand Prix in Breslau terminiert, durchaus ansehnlich. Das Spitzenquartett der Gesamtwertung traf erst im Eröffnungslauf des letzten Durchgangs aufeinander. Bis dahin hatten sich Norick Blödorn und Kevin Wölbert im Fernduell ordentlich gejagt: Sowohl der Tabellenführer als auch sein Verfolger hatten jeden Lauf sicher für sich entscheiden können.


Im Königsmacherheat hatte Blödorn den besten Startplatz und münzte den in Kurve 1 in eine frühe Führung um. Wölbert orientierte sich sofort nach außen, um Schwung aufzubauen, sodass Janek Konzack innen durch auf Platz 2 schlüpfen konnte. Beim Konter erwischte Wölbert eine Rille, die ihn in einen Aufsteiger stellte; er rauschte in Konzack hinein und räumte den ab.


Der Crash sah auf den wenigen Handyvideos, die es aus dem Schwarzwald heraus in die Öffentlichkeit schafften, happig aus. Doch alle Beteiligten überstanden ihn unbeschadet.


Wölbert wurde vom Wiederholungslauf ausgeschlossen, Blödorn gewann den souverän und beendete nach Güstrow zum zweiten Mal einen DM-Lauf mit Maximum.


Norick Blödorn, hier bei der EM in Güstrow, hat in der DM die Pole inne. Foto: Sportpics.NN
Norick Blödorn, hier bei der EM in Güstrow, hat in der DM die Pole inne. Foto: Sportpics.NN

Um die Ausgangslage vorm Finale am 6. September in Brokstedt zu verstehen, muss man die Streichergebnisse mit ins Kalkül ziehen. Offiziell wird natürlich erst nach dem Lauf in Schleswig-Holstein das magerste Ergebnis eines jeden Fahrers in Abzug gebracht. Doch wer mit Streichresultaten – die aufgrund ihrer Kompliziertheit in den meisten Sportarten längst abgeschafft, für die Speedway-DM aber trotzdem aus der Versenkung geholt wurden – arbeiten kann, weiß: Entscheidend für die Analyse ist die jeweilige Status Quo-Tabelle im Nettozustand. Auch bei den Zwischenwertungen wird jeweils schon das beim Stand der Kalkulation subtrahiert, sodass sich eine aussagekräftige Nettotabelle ergibt:


1. Norick Blödorn 32

2. Kevin Wölbert 26

3. Patrick Hyjek 25

4. Valentin Grobauer 23

5. Janek Konzack 22

6. Mario Häusl 21

7. Hannah Grunwald 16

8. Lars Skupień 18

9. Richard Geyer 17

10. Jonny Wynant 14

11. Kai Huckenbeck 14

12. Tyler Haupt 13

13. Marlon Hegener 12

14. Ben Iken 11

15. Mika Frehse 11

16. Celina Liebmann 10

17. Carlos Gennerich 7

18. Patricia Erhart 7

19. Jörg Tebbe 3

20. Carl Wynant 1


Was heißt das nun für Brokstedt?


Zunächst muss man abwarten, ob Blödorn auf seiner Heimbahn überhaupt fährt. Denn am Tag nach dem DM-Finale findet in der Zweiten Polnischen Liga der Rückkampf im Abstiegsduell zwischen Posen und Tarnau statt. Diese Begegnung hätte eigentlich auch parallel zu Berghaupten steigen sollen, ist aber terminiert worden. Im anderen Match gegen den Abstieg hat sich Ostrowo gegen Lodz schon den Klassenerhalt gesichert. Posen hat seinen Hinkampf in Tarnau mit zwei Punkten Vorsprung gewonnen. Die Verlierer beider Duelle treffen im Playdownfinale aufeinander und fechten ihr entscheidendes Sträußlein gegen den Abstieg in die Landesliga.


Blödorn, hier mit Kai Huckenbeck beim EM-Lauf in Güstrow, führt in der DM netto vor Kevin Wölbert, Patrick Hyjek und Valentin Grobauer. Foto: Sportpics.NN
Blödorn, hier mit Kai Huckenbeck beim EM-Lauf in Güstrow, führt in der DM netto vor Kevin Wölbert, Patrick Hyjek und Valentin Grobauer. Foto: Sportpics.NN

Für Posen ist das Spiel am Tag nach Brokstedt also von eminenter Bedeutung. Und polnische Vereinsbosse haben die Angewohnheit, vor wichtigen Begegnungen ihre Mannschaft in ein zusätzliches Trainingslager zusammenzutrommeln. Gerade bei Rennen auf der Heimbahn – wie jetzt im Falle Posens mit Blödorn. Sollten die Ostpreußen als Vorbereitung auf das entscheidende Heimrennen zu solch’ einem Extratraining laden, müsste Blödorn einrücken – und auf Brokstedt verzichten.


Vorausgesetzt natürlich, er wird von Posen für die Partie nominiert.


Wenn er startet, ist ihm realitischer Weise mindestens ein Meisterschaftspunkt sicher. So oder so würde er den Nuller fürs Nichtantreten in Stralsund als Streichresultat heranziehen. Führe er nicht, bliebe er auf 32 Punkten stehen, träte er an, erhöhte er mindestens auf 33 Meisterschaftszähler.


Wölbert hat aktuell zwei Mal 12 DM-Punkte als Streichergebnis und weist in der Nettotabelle einen Rückstand von sechs Zählern auf. Das Bild verschiebt sich erst, wenn Wölbert in Norddeutschland nur höchstens 11 Laufpunkte holt – das wäre dann sein neues Streichergebnis statt wie bislang 12 Zähler.


Sollte Wölbert Brokstedt mit mehr als 13 Punkten gewinnen, dann striche man ihm eine 12, er käme auf netto mindestens 39 oder, bei Maximum, sogar 42. In dem Fall müsste Blödorn, da ihm der Nuller von Stralsund als Streichergebnis bleibt, in Brokstedt mindestens 11 DM-Zähler holen, um selbst ein Maximum von Wölbert entwerten zu können.


Falls Blödorn am 6. September in Brokstedt nicht fährt, läge Wölbert auf jeden Fall vor ihm. Egal, wie viele Punkte ihm gestrichen würden, da Blödorn auf seinem Kontostand hockenbleibt. Dann aber könnten sich auch Patrick Hyjek und Valentin Grobauer noch ins Titelrennen einmischen. Selbst Janek Konzack und Mario Häusl hätten dann – je nach Ergebnis der vor ihnen Klassierten – noch rein rechnerisch Titelchancen.


Bei so einer verquasten Ausgangslage kann man sich vielleicht wirklich besser in Schweigen hüllen, statt die Presse zu verwirren.


Andererseits darf man von der Website „Bahnsport Deutschland“ auch ohnehin nicht zu viel erwarten: Vom Finale der Deutschen Langbahnmeisterschaft in Schwarme steht bis heute kein Wort auf der Seite, obwohl es sich dabei ums höchste deutsche Langbahnprädikat des DMSB handelt. Und Schwarme, gewonnen von Stephan Katt übrigens, fand bereits am 27. Juli (!) statt.



 
 
 

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