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Wachs wird Weltcupsieger

Beim Weltpokal für Junioren auf der Langbahn gewinnt Timo Wachs aus Werlte ebenso überraschend wie souverän den Titel.


Es ist ganz genau 21:21 Uhr, als die Sensation unausweichlich wird. Exakt da versandet der letzte Angriff von Patrick Kruse in der Fahrerlagerkurve von Vechta. Der Däne, drei Tage vorher 18 geworden, rückt noch ein letztes Mal gefährlich nahe. Doch sein Vordermann behält die Ruhe – und seine Linie.


Damit ist klar: Timo Wachs ist der neue Weltpokalsieger für Junioren bis 23 auf der Langbahn. Der schlacksige Emsländer aus Werlte kürt sich im Reiterwaldstadion nach einer eindrucksvollen Leistung zum Titelträger. Er schrammt nur um einen einzigen Punkt an einem Maximum vorbei – und drückt auch dem alles entscheidenden Finale seinen Stempel auf.


Dabei verfährt der 22-Jährige den ganzen Abend immer nach demselben Muster – fällt Beobachter Stephan Katt auf, der sich zusammen mit der ganzen Deutschen Nationalmannschaft im malerischen Waldstadion tummelt, um sich auf die Team-WM am Sonnabend vorzubereiten. „Timo bleibt unheimlich ruhig auf dem Motorrad“, lobt Katt in einer der Liveeinblendungen, die bahndienst.com auf seinen Social Media-Kanälen während des Rennens als Kurzvideos veröffentlich hat. „Er fährt sauber seine Linie und wirkt über alle vier Runden hinweg immer sehr kontrolliert.“


Timo Wachs freut sich über den Titelgewinn in Vechta. Foto: FIM
Timo Wachs freut sich über den Titelgewinn in Vechta. Foto: FIM

Der Abend beginnt mit einem Auftaktsieg von Wachs in Heat 1 – und einem Rückschlag für den vorab als haushohen Favoriten gehandelten Kruse. Dem birst in seinem ersten Aufgalopp schon früh der Riemen vom Primärantrieb. Während der Däne ausrollt, gewinnt Wachs den Auftaktheat mit beinahe einer Geradenlänge Vorsprung – bei einsetzendem Regen, der im Laufe des ersten Blocks immer weiter auffrischt und die Bahn vorübergehend reichlich schmierig werden lässt.


Doch nach dem ersten Bahndienst verzieht sich der Regen wieder. „Der Bahn“, wird Wachs hinterher sagen, „hat der Regen eigentlich nichts ausgemacht. Wir mussten auch mit der Abstimmung nicht außergewöhnlich darauf reagieren.“


Wachs behält in der Box seines Familienteams, in dem Bruder Fabian, aber auch WM-Tabellenführer Lukas Fienhage mithelfen, die Ruhe – und auf der Bahn bleibt er stoisch auf der inneren Spur. Damit besiegt er auch den Franzosen Tino Boiun – verliert dann aber im zweiten Aufeinandertreffen der beiden im dritten Block. Kruse pirscht sich mit einer Siegesserie peu-à-peu wieder an den Finaleinzug heran und schafft es, den Ausfall vom Auftakt vergessen zu machen. Dabei schert Kruse im dritten Block erstmals weiter nach außen aus als alle Anderen vorher: Er lehnt sein Hinterrad genau an die Griffkante an, die sich zwischen Innen- und Außenbahn auftürmt.


Timo Wachs, hier im letzten Vorlauf vorm Franzosen Théo Uguni, besticht in Vechta durch viel Ruhe und Umsicht auf dem Bike. Foto: FIM
Timo Wachs, hier im letzten Vorlauf vorm Franzosen Théo Uguni, besticht in Vechta durch viel Ruhe und Umsicht auf dem Bike. Foto: FIM

Denn der AC Vechta hat die Bahn in diesem Jahr anders vorbereitet als in der Vergangenheit. „Wir haben sie immer wieder mit der Egge aufgemacht, bewässert und gewalzt, damit die oberen drei bis vier Zentimeter richtig arbeiten können“, verrät Uwe Fienhage. Der Vater von Lukas Fienhage ist Motorradsportchef beim AC Vechta. „Damit soll die innere Linie im Laufe des Abends glatter werden und sich mehr loses Material außen sammeln. Das bringt auch die Gefahr mit sich, dass sich innen kleinere Rillen bilden.“


Der Regen zu Beginn lässt diese Rillenbildung kaum zu, wohl aber ein Raustragen des losen Belags. So findet Timo Wachs innen ab Lauf 2 genau jene Bedingungen vor, die seinem persönlichen Fahrstil am besten liegen: eine glatte Bahn.


Wachs und Bouin gehen punktgleich in den letzten Block, hinter ihnen massieren sich die beiden Franzosen Théo Ugoni und der Dreikäsehoch Noah Urda. Der Engländer Cameron Taylor bestreitet sein erstes Rennen seit einem Schlüsselbeinbruch beim British Masters und findet keinen Zugriff auf die Bahn, kommt nie für einen Finalplatz infrage.


Im letzten Durchgang setzt Wachs immer noch auf die innere Spur – und legt mit einem Sieg über Nick Meijering, den Vetter von WM-Fahrer Dave, sowie über Ugoni vor. Tino Bouin wird in einen happigen Dreier-Unfall verwickelt, der vom Engländer Jordan Derrick ausgelöst wird. Unter Schmerzen gewinnt Bouin seinen letzten Vorlauf – hat aber im Finale keine Chance mehr.


Im Endlauf übernimmt Wachs vom gelben Startplatz die Führung, fährt in der Startkurve lange geradeaus und geht nun erstmals auch in allen Kurven außen bis raus in den Griff. „Vorher“, sagt Wachs, „war das ja auch noch nie nötig.“ Nun setzt er sich in den ersten beiden Runden von Kruse ab. Der schwenkt auf die innere Bahn um, kommt in der dritten Runde noch Mal gefährlich nahe an Wachs ran – doch der kann alle Angriffe des Dänen außen abperlen lassen.


Timo Wachs krönt sich mit dem Finalsieg von Vechta zum U32-Weltpokalsieger vor Patrick Kruse, Théo Uguni, Tino Bouin und dem mit stotterndem Motor nur knapp einer Überrundung entgehenden Noah Urda.


Die Wege von Wachs und Bouin kreuzen sich später am Abend erneut: Bouin muss wegen starker Schmerzen in Rippen und Schulter auf der Bahn am Fahrerlagerausgan im Rettungswagen behandelt werden, als Wachs mit seinem Siegerpokal und der Medaille um den Hals über den Kunstrasen aus dem Innenfeld ins Fahrerlager stapft.


Im Laufe der nächsten Tage folgen noch weitere Analysen sowie ein Video und ein Podcast zum Juniorenweltpokal und dem ganzen Langbahn-Wochenende von Vechta.

 
 
 

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