Wie ein kleines Kind bei seinem ersten Rennen
- Norbert Ockenga
- vor 16 Stunden
- 3 Min. Lesezeit
Der Grand Prix in Riga sorgte bei den drei Erstplatzierten für ungwohnt wallende Emotionen.
Drei Mal hintereinander – das sei schon ziemlich verrückt. So fasst Brady Kurtz seinen Gemütszustand kurz nach dem Großen Preis von Riga zusammen – bei dem er seinen Rückstand in der WM von neun auf drei Punkte reduziert und die Grand Prix-Serie auf einen Schlag wieder spannend gemacht hat. „Mein Abend begann fürchterlich. Aber wir haben das Motorrad zum Arbeiten gebracht, und ich habe auch angefangen, echt gute Starts hinzulegen. Das war superwichtig: Ich habe am Ende zwei gute Starts geschafft.“
Nachdem der Regen die Bahn in der lettischen Hauptstadt aufgeweicht und der Bahndienst sie dann aufgeraut und zuerst befahr-, dann auch rennbar gemacht hat, fand Kurtz zu jener Form, mit der er auch in Manchester und Schweden seine Grand Prix gewonnen hatte: eine Mischung aus Blitzstarts, unorthodoxer Linienwahl – sich am Ende der Kurve diagonal nach außen treiben zu lassen – und starker Defensivarbeit. „Ich wusste nicht so recht, welchen Startplatz ich für meinen Hoffnungslauf wählen sollte“, gesteht der 28-jährige Australier. „Ich habe mich für den roten entschieden – den irgendwie keiner so richtig haben wollte, ich weiß auch nicht warum. Ich habe ihn für mich erschlossen und bin von dort in Front geschossen. Da war ich zunächst einfach nur erleichtert, es überhaupt ins Finale geschafft zu haben – so wie mein Abend bis dato verlaufen war. Da dann auch noch den Start und so am Ende sogar das ganze Rennen zu gewinnen – das war schon cool.“
Ich war nach dem Sturz auch mental verunsichert. – Fredrik Lindgren
Der nächste Durchgang nach einer kurzen Sommerpause geht es im Olympiastadion von Breslau weiter. Seit Kurtz in die Ekstraliga Polens eingestiegen ist, fährt er für Sparta Breslau, so auch dieses Jahr. Ein vierter Sieg in Folge scheint da durchaus realistisch. „Das wäre natürlich klasse“, lächelt Kurtz. „Breslau ist eine sehr schöne Bahn, und ich werde sicher auch einige Unterstützung des heimischen Publikums erfahren. Deswegen freue ich mich auf den Grand Prix in Breslau.“
Hinter dem Aussie wird Fredrik Lindgren am Sonnabend in Riga zum dritten Mal in Folge Dritter. Und das trotz eines happigen Sturzes in Lauf 7. Der Schwede stockt damit sein Punktekonto auf 117 Zähler auf – und setzt sich um nun neun Punkte vor Dan Bewley. „Ich hatte zuletzt ein paar ziemlich zähe Wochen, auch in den Ligen“, verrät Lindgren. „Deswegen bin ich um so zufriedener mit dem Ergebnis, zumal ich ja auch hier nur mit lediglich einem Punkt und einem harten Sturz aus meinen ersten beiden Heats zurückgekommen bin. Ich hatte nicht nur körperlich unter dem Sturz zu leiden – sondern fühlte mich auch mental kurz verunsichert. Ich musste wirklich tief in mich hineingehen und hart arbeiten, um das Ruder rumzureißen – und ich bin froh, dass mir das gelungen ist.“
Bewley dagegen ist Herr Chancentod von Riga. Der Rotschopf aus Cumbria war im Qualifying um eine satte halbe Sekunde pro Runde schneller als die versammelte Gegnerschaft. Auch jene Zeit, mit der er seinen ersten Laufsieg holte, war klar flotter als alle anderen Rennzeiten des Abends. Doch als der Regen aus der knüppelharten eine tiefe Bahn machte, konnte der Teamkollege von Kurtz und auch von Norick Blödorn bei den Belle Vue Aces seine Leistung von vor der Regenpause nicht wieder abrufen – und sackte wehrlos ab wie ein Opfer.

Andrej Lebedews hingegen konnte sich aus einem Tief im Verlauf des Abends wieder emporarbeiten und an seine sauberen Leistungen vor dem Regen, auf der noch knüppelharten Bahn, wieder anknüpfen. Er sicherte sich neben Bartosz Zmarzlik sogar den direkten Einzug ins Finale – wurde dort aber nur Dritter vor dem Polen. „Ich hätte mir gewünscht, meinen ersten Grand Prix-Sieg hier zu holen. Schließlich waren meine ganze Familie und viele Freunde im Stadion“, wiegelt der Lette ab. „Ganz Dünaburg schien vor Ort zu sein, um mich anzufeuern. Es war ein tolles Gefühl, diese Unterstützung mitzukriegen, als ich zum ersten Mal auf die Bahn gebogen bin. Im vergangenen Jahr hat mich diese Anfeuerung noch unter Druck gesetzt und gestresst – dieses Mal habe ich es einfach nur genossen und mich darüber gefreut, wie viele Leute mir einfach nur Erfolg wünschen. Ich habe den Speedway wieder so genossen wie ein kleines Kind, das gerade mit dem Rennfahren begonnen hat.“
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