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„Das wird ‘ne harte Nuss“

Wie sich Norick Blödorn am 1. Mai in Brokstedt trotz erschwerter Verhältnisse für die EM-Hauptrunde qualifizieren möchte.


Heimvorteil? Norick Blödorn schnauft hörbar ins Telefon. „Nicht wirklich“, wehrt der 20-jährige Klubfahrer des MSC Brokstedt am Tag vor der EM-Qualifikation auf seiner Heimbahn ab. „Aber es macht es insgesamt schöner, dass das Rennen zuhause stattfindet und man nur eine halbe Stunde mitm Auto anreisen muss. Aber auf der anderen Seite erhöht das auch den Druck.“


Denn von Deutschlands verheißungsvollstem Jungtalent erwartet jeder wie selbstverständlich den Einzug in die Endrunde der Europameisterschaft. Aber auch da tritt der amtierende Britische Mannschaftsmeister, der mit Belle Vue schon zwei Mal den Titel in der Premiership gewonnen hat, postwendend auf die Bremse. „Das wird ‘ne harte Nuss. Bei den Qualifikationsdurchgängen, die ich bisher so gefahren habe, war es immer gleich: Da gab es immer sechs Topleute, dazu drei Fahrer, die gefährlich werden konnten – und der Rest ist zum Beispiel mit Rumänen und Ungarn aufgefüllt worden. Das ist bei den anderen beiden EM-Qualifikationsrunden dieses Jahr auch noch so. Aber in Brokstedt sind 14 Fahrer am Start, die das Zeug haben, weiterzukommen.“


Norick Blödorn (vorn) und Kevin Wölbert kämpfen am Donnerstag in Brokstedt um den EM-Einzug. Foto: MSC Brokstedt
Norick Blödorn (vorn) und Kevin Wölbert kämpfen am Donnerstag in Brokstedt um den EM-Einzug. Foto: MSC Brokstedt

Darunter neben Blödorn noch der ehemalige Deutsche Meister Kevin Wölbert – sowie die früheren Bundesligafahrer Patryk Dudek, Vaclav Milík und Grzegrorz Zengota. „Die kennen die Bahn in Brokstedt auch alle. Außerdem gibt es vor solchen Prädikatsläufen sowieso immer ein Training. Das reicht auf diesem Niveau, dass sich alle im Feld auf die Bahn einstellen können.“


Blödorn rückt nach dem Osterpokal in Güstrow, beim dem er verschiedene Techniken ausprobiert hat, mit je einem Motor von Matthias Kröger und Peter Johns an. Bei beiden Maschinen wird der Kröger’sche Riementrieb statt einer Primärkette verbaut sein – und in beiden werkelt eine digitale Zündung von Brian Karger. „Fahrerisch merk’ ich keinen Unterschied, aber sie ist zwischen den Läufen einfacher umzustellen“, verrät Blödorn über die Digi-Box. „Und sie ist zuverlässiger.“


Genau wie Erik Riss in der WM, nutzt auch Blödorn nicht die volle Bandbreite der Möglichkeiten der digitalen Zündung: weder das Einprogrammieren einer Halteeinstellung der optimalen Drehzahl beim Start noch unterschiedliche Werte für die Fahrt draußen auf der Bahn. „Das mach’ ich beides nicht“, enthüllt der Schleswig-Holsteiner. „Ich fahre mit einer ganz normalen festen Zündkurve. Es gibt an der Box vier Schalter: Ein/Aus, die Mappings und zum Hoch- und Runterschauten. Mit dem kann man, wenn man seine Zündung etwa standardmäßig auf 26 Grad eingestellt hat, den Wert auf Knopfdruck verändern. Ich habe ihn bei mir in Zweierschritten programmieren lassen.“


Ich habe mir vor ein paar Wochen die Rippen doll geprellt. Das spüre ich immer noch. – Norick Blödorn

Die Rückkehr zum Riementrieb von Tuner Matthias Kröger hat er schon die ganze junge Saison über in Polen vollzogen. Die Probleme von seinem ersten Anlauf mit dieser Technik gehören der Vergangenheit an: „Damals hat die Kupplung wahnsinnig gezogen, sodass das Hinterrad in der Grünphase durchgedreht ist. Das hat bislang in Polen ganz gut funktioniert, und weil wir die Probleme von ganz damals nicht mehr haben, setze ich jetzt bei beiden Motortunern auf Riemen.“


Blödorn kommt leicht lädiert nach Brokstedt, nach einem Highspeedunfall auf einer Geraden in der englischen Liga, wo er sich mit dem für Leicester fahren US-Amerikaner Luke Becker bei voller Fahrt verhakt hatte und im hohen Bogen abgeflogen war. „Ich hatte mir dabei linken Rippen doll geprellt. Wenn’s wärmer ist, tue ich mich mit dem Atmen auch immer noch schwer; wenn’s kühl ist, habe ich Schmerzen. Aber das behindert mich auf dem Bike nicht, das merke ich eher zwischen den Rennen.“


Das Weiterkommen auf seiner Heimbahn ist für Blödorn allein deshalb schon Pflicht, weil er in diesem Jahr nicht in der WM-Quali dabei ist. Die EM ist also die einzige Chance, sich international im Feld der Senioren in Szene zu setzen. Oder dort weiter zu lernen. „Ich wollte eigentlich beides fahren, EM und WM“, gesteht Blödorn. „Ich hatte auch für beides genannt und bin davon ausgegangen, dass das klappt. Aber man hat mich bei der WM-Qualifikation nicht berücksichtigt – mit der Begründung, dass man mich da nicht sieht.“

 
 
 

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