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Hechthaberei

Was beim zweiten Durchgang der Zweiten Bundesliga am Samstagabend in Teterow zu erwarten steht.


Wenn der Hecht im Karpfenteich nicht da ist – schlägt dann die Stunde der Hechte? Pardon, aber solch’ eine Kalauerei drängt sich vor dem zweiten Durchgang der neuen Zweiten Speedwaybundesliga in Teterow am Samstagabend einfach auf. Schließlich nennt sich nicht nur die Ligatruppe des MC Bergring Teterow „die Hechte“ – vielmehr spielt der Raubfisch in der Folklore der mecklenburgischen Kleinstadt eine ganz besondere Rolle.


Neben den Speedwayhechten gibt es ein Hechtfest, eine Hechtglocke als eine der Sehenswürdigkeiten der Stadt – und die Hechtsage, welche die fischige Angelegenheit überhaupt erst in Schwung gebracht hat.


Am Samstagabend genießen die Hechte beim zweiten Aufeinandertreffen der Zweiten Bundesliga Heimrecht. Und weil in der neuen Division eine ungerade Anzahl von Mannschaften antritt, hat immer ein Team spielfrei. Samstag sind es die Fighters aus Cloppenburg – die bei ihrem Heimrennen am letzten Tag im April einen klaren Sieg davongetragen haben.

Der Hecht und die Hechtjungs spielen in Teterow eine tragende Rolle. Nicht nur im Speedway. Foto: Norbert Ockenga
Der Hecht und die Hechtjungs spielen in Teterow eine tragende Rolle. Nicht nur im Speedway. Foto: Norbert Ockenga

Die Hechte des MC Bergring hießen früher mal Hechtjungs, aber das geht nun nicht mehr: In Jenny Apfelbeck und Hannah Grunwald hat die Mannschaft gleich zwei vielversprechende junge Frauen im Aufgebot. Im Oldenburger Münsterland sind die Ostdeutschen noch abgeschlagen auf dem letzten Rang ins Ziel gekommen. Auf der traditionell schwierig, weil asymmetrisch geschnittenen und zudem leicht mal rumpligen Bahn in den Heidbergen soll sich das Bild drehen.


Patricia Erhart ist das beste Beispiel dafür, warum wir die Zweite Liga gut finden. – Martin Smolinski

Doch die Verantwortlichen bremsen die Erwartungen. „Wir sehen uns in dieser starken Liga als Lernende“, nimmt Teammanager Stephan Lönnies jeglichen Leistungsdruck von seinen jungen Fahrern. „Immerhin haben wir in Mika Frehse, Nick Collin Haltermann und Wiedereinsteiger Danny Knakowski drei klubeigene Fahrer in unserem Aufgebot.“


Gleichwohl Haltermann aus Mulmshorn in der Nähe von Bremen stammt: Er ist der Sohn von André Haltermann, dem einstigen Ligafahrer des MC Norden und heutigen Schiedsrichter sowie Chef des Sandbahnklassikers von Mulmshorn.


Vervollständigt wird das einheimische Hechtteam am Sonnabend durch die 17-jährige Hannah Grunwald aus Parchim sowie Finn Elias Kruse. „Ein Platz auf dem Treppchen sollte nach dem schwächeren Ligaauftakt vor einer Woche in Cloppenburg dies' Mal mit Heimvorteil möglich sein“, gibt Lönnies die Zielstellung für seine Jungen Wilden vor.

Patricia Erhart hat in den letzten Jahren eine rasante Entwicklung genommen. Die 21-Jährige ist Leistungsträgerin beim MSC Olching. Foto: Norbert Ockenga
Patricia Erhart hat in den letzten Jahren eine rasante Entwicklung genommen. Die 21-Jährige ist Leistungsträgerin beim MSC Olching. Foto: Norbert Ockenga

Anhand des Rennverlaufs in Cloppenburg geht der MSC Olching als Favorit nach Mecklenburg, knapp gefolgt von Inn-Isar-Racing. Das Team von Christian Platzer schickt dieses Jahr zum ersten Mal überhaupt eine Ligamannschaft in den Sommerspeedway, unter der Regie von Teammanagerin Silvia Liebmann. In Cloppenburg wurde Olching knapp vor den bajuwarischen Rivalen Zweiter.


Aber für Teterow müssen beide bayerischen Mannschaften umdisponieren. Celina Liebmann, die in Cloppenburg die Kapitänsbinde für Inn-Isar-Racing trug, muss wegen eines Muskelfaserisses pausieren. Mehr zu ihrem Aus und ihrer Vertretung steht hier:



Ist Olching damit Favorit für Samstag? Für Teterow muss das Team von Klubvorstand und Leuchtturmfahrer Martin Smolinski auf der Juniorenposition umstellen. „André Damian hat sich am 1. Mai in Herxheim beim Bayerncup einen Arm gebrochen“, berichtet Smolinski. „Er wurde am Freitag in Herxheim operiert, hat zwei Stifte eingesetzt bekommen und ist inzwischen wieder zuhause. Er wird in Teterow bei uns durch Carlos Gennerich ersetzt.“


Der Youngster stammt aus Malchow, einer Inselstadt auf der Mecklenburgischen Seenplatte, und genießt damit in Teterow de facto auch Heimrecht.


Viel wird davon abhängen, wie sich Gennerich im direkten Vergleich und auch im Fernduell mit dem besten Juniorfahrer von Cloppenburg schlägt – dem 14-jährigen Levi Böhme aus der Nähe von Meißen, der für Inn-Isar-Racing an den Start geht.


Ein Platz auf dem Treppchen sollte mit Heimvorteil drin sein. – Stephan Lönnies

Jugendförderung wird in der Zweiten Liga großgeschrieben. Nicht nur bei den Knirpsen und Dreikäsehochs auf der Juniorenposition. Auch auf den Plätzen der Averageklassen B und C – also den zweiten und dritten Fahrern eines jeden Teams – finden sich viele Nachwuchsleute. Etwa die 21-jährige Patricia Erhart vom MSC Olching. „Die ist das beste Beispiel dafür, warum wir die Zweite Liga gut finden“, sagt Smolinski. „Wir haben uns Olching die Nachwuchsförderung ohnehin groß auf die Fahnen geschrieben. Und mit der Zweiten Liga können wir richtig viel für den Nachwuchs bewirken. Siehe Patricia Erhart – die gibt richtig Gas.“


In der Tat war „Paddy“ in Cloppenburg vor Liebmann beste Frau und ist auch in Teterow dank alter Bekanntschaften bestens vernetzt und auf der heiklen Bahn gut zuhause. Einer ihrer Mechaniker, wenn sie im Norden fährt, ist Ronny Stüdemann – und der war einst Bahnmeister in Teterow, fährt inzwischen allerdings für Wolfslake in der Liga Nord.


Die White Tigers aus Diedenbergen greifen am Samstagabend erstmals ins Ligageschehen ein – mit einer luftig gehaltenen Mannschaft, die zumindest gegenüber Olching und Inn-Isar-Racing von der Papierform her abfällt.


Und was hat es nun mit den ganzen Hechten auf sich? Die Sage geht: Einst hätte der Stadtfischer einen kapitalen Hecht gefangen. Um diesen bis zum nahenden Königsschuss frisch zu halten, beschlossen die Stadtväter, den Hecht mit einer Glocke um den Hals zurück in den See zu setzen. Die Glocke würde in einem fort läuten und der Fisch leicht wiederzufinden sein. So geschah es. Der Fischer fuhr mit seinem Boot hinaus, setzte den Hecht samt Glocke ins Wasser und schnitt zur Sicherheit eine Kerbe in sein Fischerboot – genau an jener Stelle, wo er den Fisch ins Wasser ließ.


Die Stadtväter brauchen sich seither um ihr Image keine großen Gedanken mehr zu machen. Aber Teterow pflegt als Stadt die Hechtsage im Alltag in allen möglichen Facetten – bis hin zum Speedway.

 
 
 

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