Polen braucht neuen Coach
- Norbert Ockenga
- vor 13 Stunden
- 2 Min. Lesezeit
Rafał Dobrucki ist als Chef der polnischen Speedwaynationalmannschaften zurückgetreten.
Die Gerüchteküche brodelt. Wer wird bei der Heim-WM im kommenden Jahr das Team der großen Favoriten Polen betreuen? Der bisherige Teammanager ist es nicht, den Rafał Dobrucki hat zwei Tage vor der großen Abschlussgala der Ekstraliga das Handtuch geworden.
Der ehemalige U21-Vizeweltmeister aus Lissa ist seit 2012 im Amt gewesen, als Nachfolger von Marek Cieslak. Die Planung des polnischen Verbandes hatte ihn eigentlich fest als Chef am Ring bei der Heim-WM vorgesehen. Dort sind die Polen, anders als bei der Paar-WM, die haushohen Favoriten.
Doch gerade die öffentliche Resonanz auf die beiden Niederlagen bei der Paar-WM in Thorn, wo sowohl die Erste Herren als auch die Junioren keine Rolle bei der Titelvergabe spielten, haben Dobrucki nun zum vorzeitigen Rücktritt getrieben.

Der 48-Jährige fühlte sich schon im Zusammenhang mit der Affäre um Maciej Janowski, der im Winter ein Trainingslager der Nationalmannschaft auf Malta aus rein privaten Gründen unterbrochen hat, nicht ernstgenommen, weil die von ihm verhängte Strafe im Nachgang aufgeweicht wurde. Dobrucki sieht seine Autorität untergraben, die harsche Kritik am fehlenden Vermögen, den Polen das fürs Speedway der Nationen nötige Paarfahren einzuimpfen, tat ihr Übriges.
Die polnischen Funktionäre stehen nach dem Rücktritt überrascht da – und haben noch keinen Nachfolger. Zwar kursiert der Name Stanisław Chomski als heißer Favorit. Doch der war bereits ein Mal vor Cieslak Nationaltrainer – und sieht sich eher in einer Manager- als wieder in einer Trainerrolle. Deswegen sehen neue Spekulationen Piotr Protasiewicz und Krzysztof Kasprzak, der seine aktive Laufbahn vor einem Jahr beendet hat, vor – und sogar Jarosław Hampel, der erst in diesem Herbst sein Abschiedsrennen gegeben hat.
Und Dobrucki? An dem hatte der Präsident von Ekstraligaverein Falubaz Grünberg, Stanisław Bieńkowski, drei Monate lang gegraben, um ihn auf den Trainersessel zu bekommen. Bieńkowski hat über seine Firma den Etat des schlesischen Vereins immer weiter erhöht, um die Mickymäuse wieder an die Spitze der ersten Division in Polen zu führen. Dazu passt auch die Verpflichtung von Leon Madsen.
Doch Dobrucki ging irgendwann nicht mehr ans Telefon, wenn er die Nummer von Bieńkowski sah. Ein persönlicher Besuch von Grünberg-Chef in der Autowerkstatt von Dobrucki, um ihn doch noch zu überzeugen, schlug auch fehl: Der Inhaber war nicht da.
Bei Falubaz werden nun Grzegorz Walasek und Aleksander Janas trainieren.
Stattdessen buhlt nun ein anderer Verein um die Dienste von Dobrucki: Unia Lissa, also der Klub aus seiner Geburtsstadt. Dort gibt es in Józef Dworakowski einen neuen Vorsitzenden, nachdem der bisherige Klubchef Piotr Rusiecki in Untersuchungshaft festgesetzt wurde. Der Inhaber eines metallverarbeitenden Entsorgungs- und Recyclingbetriebs, dessen Logo seit Jahrzehnten prominent durch die polnische Speedwayszene geführt wird, wird organisierte Kriminalität bei der Entsorgung von Rest- und Sondermüll vorgeworfen, in Tateinheit mit Verstößen gegen Umweltschgutzgesetze. In polnischen Medien ist von „Müllmafia“ die Rede, mindestens 10 Mitarbeiter seiner Firma sollen in die Verbrechen verwickelt sein.
Der neue Lissa-Boss stellt den Sportleiter Sławomir Kryjom infrage, den Rusiecki installiert hat – und führte bereits konkrete Gespräche mit Dobrucki. Der soll in Lissa eine Doppelspitze mit Rafał Okoniewski bilden – und den alten und neuen Trainer der Ekstraligamannschaft als eine Art Berater hinter den Kulissen unterstützen, ohne dabei an vorderster Front zu wirken.



Kommentare