Vorn in the USA
- Norbert Ockenga
- vor 9 Stunden
- 3 Min. Lesezeit
Ein wiederbelebtes offenes Rennen in Kalifornien soll dem darbenden US-Speedway wieder Schwung verleihen.
Auf den ersten Blick kommt man sich vor wie in einer Reithalle. Doch der Thunderdome, überdacht, aber mit offenen Seitenwänden, die lediglich von sehr dicken Säulen unterbrochen sind, ist eine Speedwaybahn. Wenn auch eine im Miniaturformat. Auf der ungewöhnlichen Bahn, die noch kürzer ist als die legendäre Anlage in Costa Mesa, fand am Wochenende ein großes offenes internationales Rennen statt: Das Invitiational, also Einladungsrennen, mit dem der US-amerikanische Speedwayrennen langsam wieder auf die internationale Landkarte gehoben werden soll.
Die Veranstaltung ist nicht neu. Doch sie hat seit 2013 im Dornröschenschlaf gelegen, weil Veranstalter Kelly Inman sie quasi neu erfinden musste. In den Jahren nach der letzten Auflage, sagt Inman, hätte er sich darauf konzentriert, Speedwayrennen in den USA überhaupt am Leben zu halten – und auch dafür zu sorgen, dass die zugehörige Industrie nicht entweder zusperre oder sich auf andere Sparten konzentriere.
Inman führt in Huntington Beach ein Unternehmen für Pulverbeschichtungen – in einer Stadt also, die vor allem für ihre Hardrock- und Hair Metal-Szene in den Achtzigern berühmt geworden ist und in der noch heute legendäre Partys und Festivals zu Ehren von Bands wie Van Halen abgehalten werden, die in Huntington Beach ihre Wurzeln haben. Ihm gehört inzwischen der Industry Hills Speedway, früher war Inman einer der Mechaniker von Greg Hancock.
Den Exweltmeister bezeichnet Inman heute als „eine Art Stillen Teilhaber“ bei seiner Arbeit für das World Speedwayrennen Invitational, ohne Hancock und dessen Kontakte zu europäischen Fahrern hätte er es nie geschafft, ein solch’ hochkarätiges Fahrerfeld auf die Beine zu stellen.

Die großen Zeiten des US-Speedway sind längst verblasst. Greg Hancock und Billy Hamill, die original Turbo Twins, die sogar beim Automobilsportgiganten Prodrive in Banbury eigene Maschinen mit revolutionärer Technik in Auftrag gegeben haben; Weltmeister Sam Ermolenko; der kleine, quirlige Ronny Correy, „Pocket Rocket“ genannt; die Gebrüder Kelly und Shawn Moran; vorher schon Bruce Penhall, der vom Weltmeisterstockerl direkt nach Hollywood gegangen ist – viele Kalifornier haben Speedwaygeschichte geschrieben. Doch der letzte, der wirklich einen Vielversprechen Anlauf unternommen hat, war Chris Manchester, der als vermeintlicher jugendlicher Überflieger bei den Belle Vue Aces andockte, damals noch unter Promoter John Perrin und als Teamkollege von Jason Lyons.
Sowohl Ermolenko als auch Manchester standen weiland sogar im Aufgebot des MC Norden für die Super- respektive Bundesliga.
Seitdem tröpfeln vereinzelt Amerikaner nach Europa, doch echte Stars sind nicht darunter. Für 2025 hat der US-amerikanische Verband sogar die Nennung der Amis fürs Speedwayrennen der Nationen zurückgezogen, weswegen das argentinische Team nachrücken und aufgrund ihres Auftretens zur Paarweltmeistern der Herzen werden konnte.
Inman möchte diesen Trend umkehren. Er schwärmt noch heute von den Zeiten, zu denen an den Rennfreitagabenden 10.000 Fans nach Costa Mesa, auf das Minioval, pilgerten, als Penhall noch fuhr. Er bemüht den großen Namen in seiner Kommunikation als Geschäftspartner, Sponsor und Zuschauermagnet, schließlich komme der Blondschopf auch selbst zum Rennen.
Für die Fahrer, sagt Inman, sei es heutzutage schwer. Es gebe kaum Trainingsbahnen in der Region, wegen der hohen Grundstücks- und Immobilienpreise würden die Trainingsmöglichkeiten eher weniger als mehr. Dem möchte er mit der Rückkehr des Invitational im Thunderome von Industry Hills entgegenwirken.
Und er konnte sich für das Comebackrennen auf eine Kohorte US-Fahrer stützen – darunter sogar Billy Janniro, dessen große Zeiten an sich schon vorbei sind, und Wilbur Hancock, einen Sohn von Greg dem Großen, der allerdings nach Vaters Bekunden keine Profilaufbahn anstrebt. Ganz anders dagegen Slater Lightcap: Auf dem ehemaligen Absolventen der Junioren-WM ruhen die ganzen Hoffnungen von Speedway-USA. Die US-Meister Broc Nicol und Max Ruml, einer von zwei rennfahrenden Brüdern, haben sich schon in der britischen Ligalandschaft versucht, aber keinen nennenswerten Eindruck hinterlassen.
Dank der Hancock’schen Hilfe kommen Stars wie Artjom Laguta, Andrej Lebedews, Maciej Janowski und Tom Brennan nach Kalifornien. Auch Tom Brennan vom frischgebackenen englischen Meister Ipswich ist da, stürzt aber bereits im Training, bricht sich Schien- und Wadenbein links und muss sogar noch in Kalifornien operiert werden.
Die Veranstaltung wird nach dem Schema des Speedway-Grands Prix vor dessen Punktereform ausgerichtet. Ruml wird zur frühen Überraschung des Abends: Er schlägt sogar Lebedews und Laguta. Doch dann unterliegt er Przemyslaw Pawlicki und Nicol. Der Pole bleibt in der Vorrunde ungeschlagen und gewinnt auch sein Halbfinale vor Janowski, Lightcap und Lebedews. Im zweiten Semi setzt sich Laugt vor Nicol, Ruml und Janeiro durch.
Pawlicki und Nicol stürzen nach einer Berührung im ersten Anlauf des Finales. Der Schiedsrichter lätsst alle vier Fahrer zum Wiederholungslauf wieder zu. In dem setzt sich der Pole vom Start weg in Führung und gewinnt vor Ruml und Laguta. Janowski rutscht in der zweiten Runde aus und fährt danach auf dem letzten Rang hinterdrein.



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