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Wege aus der Krise

Der Bahnsport steckt in Deutschland ganz schön in der Bedeutungslosigkeit fest. Dabei bringt er alle Grundvoraussetzungen mit, sich deutlich besser zu präsentieren. Ein Blick über den Tellerrand hinaus offenbart, was man tun muss, um die Stagnation endlich zu durchbrechen. Allerdings muss man dazu viel lesen und auch mitdenken.


Der Bahnsport ist so eine Art Nahostkonflikt des deutschen Bahnsports. Irgendwas schwelt immer im Hintergrund, hin und wieder kommt’s zu einer Eruption. Und immer dann, wenn sich gerade eine Lösung oder ein Aufwind anzubahnen scheint, schießt irgendeiner quer und macht alles wieder zunichte.


Der jüngste Eklat um den Medienboykott nach dem WM-Titelgewinn von Thorn ist so ein Beispiel. Und er ist gleichzeitig auch Stein des Anstoßes für eine weiterführende Betrachtung. Denn das Entsetzen in der Szene, hinter den Kulissen, über die Abläufe ist so groß, dass dieser Trumpismus Anlass zum Weiterdenken gab.


Der Vorfall an sich ist einzigartig. Am Vormittag nach dem WM-Titelgewinn sagte Mario Häusl am Telefon, Teammanager Sascha Dörner hätte angewiesen, die Fahrer dürften keine Informationen zum Rennverlauf preisgeben. Darauf folgte eine formelle Anfrage ans Bahnsport Promotion Team. Das, so wurde inzwischen ruchbar, gab den Fragenkatalog an Dörner weiter, der der Einfachheit halber das Fazit vorformulierte: „Die Vorwürfe gegen Sascha Dörner entbehren jeder Grundlage.“ Und: Die Kommunikation mit Medien sei zu keinem Zeitpunkt eingeschränkt oder gesteuert. Das Schreiben des Bahnsport Promotion Teams, nicht namentlich unterschrieben, suggeriert: Häusl hat also am Telefon gelogen. Ob das wirklich realistisch ist für einen 19-jährigen frischgebackenen Weltmeister, zumal für einen aufgeweckten Burschen wie Häusl – darüber mag sich jeder sein eigenes Bild machen.


Die Intrige ist sogar derart einzigartig, das sie allein zu betrachten nicht weiter lohnt. Sie dreht aber den Scheinwerfer auf die Gesamtsituation des Bahnsports in Deutschland. Und auch die sollte man nicht für sich allein betrachten – sondern in einen Kontext setzen mit anderen Motorsportarten.


Die Marathonrallye-WM kann als Vorbild für Bahnsport in Deutschland herhalten. Foto Edo Bauer Rallyzone
Die Marathonrallye-WM kann als Vorbild für Bahnsport in Deutschland herhalten. Foto Edo Bauer Rallyzone

Etwa der Marathonrallye-WM. Die ist eines der inhaltlichen Steckenpferde der Zeitschrift PITWALK, quasi dem Muttermedium der Website bahndienst.com, neben der Formel 1 und Sportwagenlangstreckenrennen à la 24 Stunden von Le Mans. Und die Marathon-WM gastierte kurz nach dem WM-Titel der Deutschen in Thorn, noch während der Wartezeit auf die Stellungnahme des Verbands, in Marokko.


Sie ist in vielfacher Hinsicht mit dem Bahnsport vergleichbar. Natürlich ist viel mehr Geld im Spiel: Das günstigste Auto für die Erste Liga – ein Century südafrikanischen Bauart mit altem Chevrolet-V8-Motor – kostet 650.000 Euro, eine Kundenmaschine auf dem höchsten technischen Stand für die Motorradwertung auch schon 35.995 Euro. Und auch das Engagement von großen Sponsoren ist anders: Dacia, Ford und Toyota sowie KTM, Honda, Kove, Sherco und Hero schicken eigene Werksteams ins Rennen, KTM wird maßgeblich von einer Limonadenfirma aus der Nähe von Salzburg finanziert, ein Pendant aus Atlanta ist bei diversen Teams als Partner an Bord.


Aber eine Sache eint die beiden Sparten: Sie sind reine Nischensportarten ohne nennenswerte Resonanz in der breiten Öffentlichkeit. Bei der Rally Raid-Szene gibt’s einen Unterschied: Die Rallye Dakar in jedem Januar ist ihr Leuchtturm; sie erreicht eine weltweite – in Erhebungen belastbar nachgewiesene – Medienresonanz, die unter allen Motorsportdisziplinen nur noch von der Formel 1 übertroffen wird. Die anderen vier WM-Läufe des Jahres hingegen finden in der breiten Wahrnehmung nicht statt. Genau wie Bahnsport.


Die Rally Raid-WM ist dem Bahnsport ähnlicher als man glauben mag. Foto: Edo Bauer Rallyzone
Die Rally Raid-WM ist dem Bahnsport ähnlicher als man glauben mag. Foto: Edo Bauer Rallyzone

So eine Standortbestimmung ist wichtig, will man eine Strategie für die Presse- und Öffentlichkeitsarbeit festlegen. Grundsätzlich gilt es zu konstatieren: Nur Fußball und die Formel 1 überstrahlen alles. Diese beiden Sportarten entfachen von sich aus eine Sogwirkung, alle Medien wollen darüber berichten. Darum können deren handelnde Personen sich auch eine völlig andere Öffentlichkeitsarbeit erlauben. Bei einem Formel 1-Grand Prix etwa sind je nach Rennen bis zu 400 Journalisten in einem Pressezentrum. Für den überwiegenden Teil von denen reichen die leeren Worthülsen, die bei offiziellen Pressekonferenzen abgesondert werden. Mehr Mühe braucht sich kein Formel 1-Mensch, und auch kein Fußballer, zu geben: Es wird sowieso darüber berichtet, egal wie blutleer die Inhalte auch sein mögen.


Alle anderen Sportarten müssen um Aufmerksamkeit kämpfen. Und je mehr Fußballspiele es gibt, desto härter ist dieser Kampf. Das geht sogar schon bei der Handballszene los: Wenn gerade EM oder WM sind, scheint es in Sachen öffentlicher Resonanz zu rappeln. Doch kaum sind die großen Turniere vorbei, schrumpelt selbst die Bundesliga wieder zu einem Nischensport zusammen, der vornehmlich regionale Bedeutung zufällt. Trotz voller Ränge und einer echten Hexenkessel-Atmosphäre. Wer schon Mal beim THW Kiel oder in der Flensburger Hölle Nord war, kann sich darüber nur wundern. Genau wie über die Bedeutung des Eishockey: Die müsste auch größer sein, wenn es nur nach der Stimmung etwa bei den Kölner Haien ginge.


All’ diese Vereine haben im Vergleich zum deutschen Bahnsport einen elementaren Unterschied: Es sind eigene Geschäftsbetriebe, deren Mitarbeiter die Arbeit am Sport hauptberuflich machen. So schaffen sie innerhalb ihrer Nische eine größtmögliche Verbreitung – die zumindest hin und wieder auch über die Grenzen der reinen Blase hinaus in die Massenmedien schwappt. Genau das gelingt dem Bahnsport nicht.


Linda Hirvonen, hier mit Beifahrer Édouard Boulanger, zeigt, wie Pressearbeit funktioniert. Foto: Edo Bauer Rallyzone
Linda Hirvonen, hier mit Beifahrer Édouard Boulanger, zeigt, wie Pressearbeit funktioniert. Foto: Edo Bauer Rallyzone

Die Reise nach Fès zur Marathon-WM in Marokko hat sehr genau gezeigt warum. So ein WM-Lauf ist kein Zuschauersport, sondern muss über die Medien transportiert werden. Denn in der Sahara stehen keine Tribünen, und es werden auch für so eine Rallye keine aufgebaut. Also mühen sich die Akteure, den Sport aktiv zugänglich zu machen: mit Einladungen an Journalisten, sich im Biwak – so heißt das Fahrerlager im Marathonrallyesport – umzuschauen und wirklich auf Tuchfühlung mit Mensch und Technik zu gehen.


Auch da muss man differenzieren. Als Journalist ist so ’n Törn nach Marokko, Pretoria oder Ha’il mühseliger als nach Oschersleben, das verfallende Hockenheim oder nach Olching, Landshut oder Güstrow. Zumal man bei einer Marathonrallye-WM sich nicht nur einfach akkreditieren, also als Journalisten anmelden, kann: Vielmehr bietet die Agentur – dieselbe, die auch die Tour de France ausrichtet übrigens – Komplettpakete, die man sich für sehr teures Geld kaufen muss. Die beinhalten die Anreise ebenso wie den Transport von Stadt zu Stadt. Denn das Biwak wandert über die Dauer einer Rallye hinweg von Ort zu Ort, wird beinahe jeden Abend am nächsten Zielort der Etappe neu aufgebaut, und als Journalist muss man halt hinterher. Verpflegung im Biwak ist auch mit im Pauschalpreis enthalten. Aber der ist so hoch, dass man sich auf den Hosenboden setzt. Das kann sich kein Verlag leisten. Also springen Hersteller in die Bresche – und laden Journalisten ein, zu organisierten Reisen, die dann mitten hinein ins eigene Team führen.


Dacia ist das leuchtende Beispiel dafür, wie man effektive Pressearbeit betreibt. Dort führt Linda Hirvonen die Presseabteilung des reinen Rallyeteams. Sie war früher beim PSA-Konzern, heute Stellantis, für die PR des Rallye-WM-Teams von Citroën mit zuständig, damals hieß sie noch Martins und war nicht mit dem ehemaligen Rallye-WM-Star Mikko Hirvonen verheiratet. Sie arbeitet nach einem einfachen Motto: „Geht nicht – gibt’s nicht.“ Wenn man zum richtigen Zeitpunkt da ist, also nicht gerade vorm Start in die Etappe hinein oder unmittelbar nach der Rückkehr der Dacia Sandrider ins Biwak – dann stehen Fahrer und Ingenieure für alle Fragen zur Verfügung. Selbst der Megastar Sébastien Loeb aus dem Elsass.


Selbst kurz vorm Start der Etappe steht Dacia-Sportchefin Tiphanie Isnard für Videointerviews und Hintergrundgespräche parat. Foto: Edo Bauer Rallyzone
Selbst kurz vorm Start der Etappe steht Dacia-Sportchefin Tiphanie Isnard für Videointerviews und Hintergrundgespräche parat. Foto: Edo Bauer Rallyzone

Allerdings funktioniert die Pressearbeit zweischichtig: Hirvonen macht sie vor Ort möglich, natürlich geht sie dabei auch nach persönlichen Aspekten vor – wen sie lange kennt und von wem sie weiß, dass er den Sport versteht, dessen Wünsche werden auch dann erfüllt, wenn sie aufwändiger sind. Das passiert aber unterbewusst, und auch Gelegenheitsbesucher ohne motorsportlichen Background werden vorbildlich versorgt. Hirvonen entscheidet aber nicht, wer überhaupt auf die Reise mitkommt. Das obliegt den Verantwortlichen in den Presseabteilungen der jeweiligen nationalen Dacia-Importeure; „den Märkten“, wie das im Fachjargon heißt. Und die achten sehr genau darauf, dass der Mix der Reisegruppe stimmt: überregionale Presse, Fachmedien, Social Media – alles ist darauf ausgelegt, dass durch den Törn die größtmögliche mediale Abdeckung erzielt wird.


Dacia gehört zum Renault-Konzern. Und der nutzt den Motorsport hoch geschickt, staffelt die verschiedenen Marken so, dass beinahe jede irgendeine Sparte besetzt. Dacia ist derzeit der größte Gewinner auf dem weltweiten Automarkt. Die konsequente Einbindung des Motorsports ist ein Mosaikstückchen im großen Ganzen, neben der Preis- und Modellpolitik natürlich.


Nasser Al-Attiyah ist einer jener Fahrer, die ihren Sport mit Leidenschaft erklären und transportieren. Dabei ist er einer der größten Stars der Szene. Foto: Edo Bauer Rallyzone
Nasser Al-Attiyah ist einer jener Fahrer, die ihren Sport mit Leidenschaft erklären und transportieren. Dabei ist er einer der größten Stars der Szene. Foto: Edo Bauer Rallyzone

Die Marathonrallyeszene ist dabei geprägt von Enthusiasmus. In Deutschland werden Werksfahrer abgeschirmt. Sie kriegen vor jedem Rennwochenende dicke Leitfäden von den Presseabteilungen, welche Fragen Journalisten voraussichtlich stellen und wie sie darauf antworten sollen. So etwas ist im Rally Raid undenkbar. Alle Fahrer sind autark und meinungsstark, oft auch nonkonformistisch. Da sind auch Kuriositäten drunter: Dacia-Fahrer Nasser Al-Attiyah aus Katar, der derzeit beste Wüstenrallyeautofahrer der Welt, und der letztjährige Motorradweltmeister Ross Branch aus Botsuana vermitteln in jedem Gespräch glaubhaft das Gefühl, sie hätten sich schon das ganze Jahr über nur drauf gefreut, ausgerechnet diesen einen Journalisten jetzt endlich zu treffen.


Aber auch sonst ist das Biwak geprägt von Zugänglichkeit, Auskunftsfreude und einer höflichen bis herzlichen Atmosphäre. Genau so bestellt man bei Journalisten, auch bei Neulingen, den Boden, gern und positiv gestimmt über die Szene zu berichten.


Und im Bahnsport? Ist bei der Langbahn-WM in Vechta und in Roden, sogar beim Eisspeedway in Inzell das Fahrerlager für Journalisten bestenfalls punktuell zugänglich, bei den Speedway-Grands Prix auch. Aber nicht weil die Fahrer es wollen, im Gegenteil: Die sind oft fassungslos, wenn sie das hören. Es ist eine Funktionärsentscheidung.


Und die ist schon Mal der erste Kardinalfehler: Man muss Zugänglichkeit für die Medien schaffen. Jede Berichterstattung braucht immer Fahrer als Identifikationsfiguren; als Helden, an denen man Geschichten und Storytelling aufhängen kann. Menschen ziehen Leser und Online-User in die Storys, sonst nichts.


Das Schöne ist: Es gibt im Bahnsport genau solche Akteure wie Al-Attiyah, Branch oder Nani Roma, Timo Gottschalk und Henk Lategan, die mitarbeiten möchten, die sich Mühe geben, ihren Sport nach außen zu transportieren. Das ist durch das knappe Jahr, in dem es bahndienst.com inzwischen erst gibt, so richtig klargeworden: Die meisten Fahrer und ihre Familien wollen, sie arbeiten auf eine bewunders- und dankenswerte Weise mit.


Auch Mario Häusl übrigens.


Denn das ist eine große Parallele zwischen Bahnsport und Marathonrallye: Die Sportarten sind faszinierend, aber sie müssen erklärt werden. Und die allermeisten Aktiven wollen genau das: Den Sport leben, ihn verständlich machen und ihre Begeisterung dafür zu teilen.


Wiedersehen unter der gleißenden Sonne Marokkos: Linda Hirvonen mit Chefredakteur und Herausgeber Norbert Ockenga. Foto: Edo Bauer Rallyzone
Wiedersehen unter der gleißenden Sonne Marokkos: Linda Hirvonen mit Chefredakteur und Herausgeber Norbert Ockenga. Foto: Edo Bauer Rallyzone

Noch ein Beispiel gefällig? Nach der Rallye Marokko ist der neue Weltmeister Lucas Moraes samt eines neu verpflichteten deutschen Beifahrers, Dennis Zenz, von Toyota zu Dacia gewechselt. Das war hinter den Kulissen schon in Fès bekannt. Aber nicht in den Medien. Erst ein vertraulicher Anruf von Zenz ins Hotelzimmer in Moulay Yacoub, dem kleinen Dorf vor den Toren der Großstadt, am Montagmorgen nach dem Start der Rallye durchbricht die Geheimhaltung. Zenz hat unter dem Siegel der Verschwiegenheit von sich aus die Nachricht nicht nur vorab mitgeteilt, sondern auch schon ein Videointerview für PITWALK TV eingestielt, das dann am Tag der eigentlichen Veröffentlichung sofort online gehen konnte: am 21. Oktober. Er hat die Initiative ergriffen, da er als Deutscher einschätzen konnte, mit wem so etwas Sinn ergibt und auch vertrauensvoll und unter dem Embargo der Verschwiegenheit umgesetzt werden kann.


Natürlich hat Zenz diesen Schritt – seinen Anruf und bei wem der erfolgt – vorher mit Linda Hirvonen abgestimmt, die ihrerseits die Idee abgenickt hat.


Und natürlich ist die Information über den Teamwechsel bis zum vereinbarten Veröffentlichungstermin nie aus dem Zimmer der Chefredaktion von PITWALK herausgedrungen.


Denn in der Marathonszene herrscht nicht der Irrglaube vor, dass die Journalisten von sich aus kommen und dass Social Media allein reicht. Kein Post auf Instagram, Facebook und Co. ersetzt eine Pressearbeit. Denn da bedient man jenen inneren Kreis, der sich ohnehin schon dafür interessiert. Journalisten stöbern aber nicht den ganzen Tag auf Social Media durch die Auftritte der einzelnen Fahrer, das ist für ihren normalen Arbeitsalltag viel zu zeitfressend. Die Sozialen Netzwerke sind eine wertvolle Ergänzung. Aber wer wirklich Reichweite erzielen möchte, braucht weiterführende Medien: Zeitungen, Zeitschriften, Websites außerhalb der reinen Blase, im besten Falle TV oder zumindest Onlinestreams, in denen nicht nur monothematisch berichtet wird.


Für den Bahnsport heißt das: Man muss es schaffen, den Sport zumindest auf Websites und in Zeitschriften platzieren, die auch über andere Rennserien berichten. Nur dann kriegt man eine Abstrahlung hin – und kann aus einer Zielgruppe, die sich für Motorsport interessiert, auch potenziell neue Zuschauer generieren. Indem man die Zielgruppe mit der Nase auf die Faszination Bahnsport stößt.


Und nur dann kann der Sport wachsen. Im Moment herrscht Stagnation. Und Stillstand ist Rückschritt.


Man war schon Mal deutlich weiter. Zu Egon Müllers Zeiten, natürlich. Aber auch, als Gerd Sievers den Grand Prix auf Schalke und im Berliner Jahn-Stadion ausgerichtet hat. Vor allem auf Schalke waren überregionale Medien bis hin zum ZDF an Bord. Weil die Pressearbeit gestimmt hat – und man eben nicht nur Presseinformationen rundgeschickt und dann gewartet hat, was so passiert.


Bahnsport ist genau wie Rallye der Sport mit dem meisten ungehobenen Potenzial. Das zeigt sich immer wieder an den Zuschauerzahlen, wenn denn Mal was auf Eurosport live ausgestrahlt wird: Beide Sparten sind mit Abstand diejenigen, bei denen die meisten Zapper hängenbleiben und weitergucken. Denn sie produzieren spektakuläre, gänzlich ungewohnte Bilder. Seien es monströse Wuchtbrummen von Autos oder eindrucksvolle Motorräder in Sand- und Geröllwüsten oder urwüchsige Maschinen im Oval. Beide Sparten können von Einsteigern sofort verstanden werden, da sie in sich geschlossene Episoden bieten: ein einzelner kurzer Heat; eine kurze Sequenz eines Wagens oder Motorrads auf einer Etappe. Man kann diese Episoden als Zuschauer allein stehenlassen – oder sich darauf einlassen, die sich darauf aufbauenden Handlungsstränge, die ein Kommentator liefert, zu verfolgen. Das Hineingezogenwerden klappt in keinem Motorsport so gut wie in diesen beiden Sparten.


Das Gegenbeispiel dazu liefert etwa die MotoGP. Dort hat Liberty Media, der kommerzielle Veranstalter der Formel 1, gerade 4,3 Milliarden US-Dollar bezahlt, um die Rechte auch an der Ersten Liga des Motorradsports zu erwerben. 4,3 Milliarden! So viel wird die Serie allein nie wieder reinholen. Aber für Liberty Media ist die Investition ein Mittel, um an Konzerne aus China zu kommen – die sich bislang noch nicht für die Formel 1, wohl aber schon für die Motorradszene interessieren. Nun müssen die Macher der MotoGP aufpassen, dass sie sich nicht genau so rar machen wie die Formel 1-Leutchen, denn das wäre dem Reiz der Motorrad-WM abträglich und würde deren Aufschwung abwürgen.


Niemand braucht sich einzubilden, mit Presse- und Öffentlichkeitsarbeit auf das Niveau von Fußball und Formel 1 zu kommen. Das ist auch nicht das Ziel der Marathonrallye-WM. Aber in der Nische lässt es sich sehr gut und erfolgreich leben, wenn man sich diese Nische intelligent einrichtet. Dann lässt sich diese Nische auch weiter vergrößern. Das DTM ist da das beste Beispiel. Der reine Motorsport ist längst nicht so faszinierend wie in der Marathonrallye, aber auch im Bahnsport, die Fahrer sind beileibe keine so tolle Typen wie in den anderen beiden Sparten, dazu herrscht eine Uniformität, weil’s allein in Deutschland schon vier Rennserien für GT3-Autos gibt. Auch das DTM strebt keinen Formel 1-Status an, hat sich aber aus einer Nische heraus so weit vergrößert, dass es inzwischen eigenständig dasteht – lukrativ, attraktiv, mit vollen Rängen und Live-TV. Da ist der Bahnsport weit entfernt, weil noch nicht Mal das Fundament dafür gelegt ist. Aber er hat das Potenzial, genau auf solch’ ein Niveau zu kommen.


Man muss es nur anpacken.


Da ist der Weg zur Bundesliga und deren Berichterstattung plötzlich nicht mehr weit. Klar, ein Livestream wäre toll. Aber die Argumentation, warum der nicht kommt, ist nachvollziehbar, wenn man sich in die Sichtweise von Veranstaltern hineinversetzen kann. Es gibt aber ein einfaches Mittelding – das dann richtig viel für den Sport ingesamt tun kann. Dazu muss man sich nur Mal anschauen, wie in den Neunzigern die Britische Tourenwagenmeisterschaft BTCC groß geworden ist – und wie in den Siebzigern und frühen Achtzigern sogar die Fußballbundesliga und die Formel 1 funktioniert haben. Das Muster war immer dasselbe, und dank der heutigen Möglichkeiten des Internet und der Technik wäre es für die Bundesliga denkbar einfach umzusetzen.


Damit könnte man sie aus der Anonymität herausholen – und ihr auch eine Zugpferdrolle für den gesamten deutschen Bahnsport verpassen.


Aber das ist ein anderes Thema.



 
 
 

2 Kommentare


Gast
vor 6 Stunden

Ich stell mir hier eher die Frage welches persönliches Problem Sie mit Herrn Dörner haben. Offensichtlich läuft es hiet gezielt nur in eine Richtung. Das Die Hernn Häusl als " farbig " bezeichnen sehe ich schon sehr grenzwertig an.

Man sollte froh sein,dass es überhaupt noch so angarchierte Leute ehrenamtlich gibt. Stattdessen setzen sie nur auf eine gezielte Person und versuchen ihn zu schädigen.

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Norbert Ockenga
vor 6 Stunden
Antwort an

Kein persönliches Problem. Aber wenn jemand versucht, Cancel Culture auch in den Bahnsport einzuführen, ist das der falsche Weg, und der muss benannt werden. Denn das ist die Ursache der Berichterstattung. Vielleicht sollten Sie noch mal nachvollziehen, was zuerst da war und von wessen Seite das vermeintliche "persönliche Problem" folgerichtig ausgegangen ist. Das war nämlich eindeutig nicht der Journalist.

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