Unverhofft kam oft
- Norbert Ockenga
- vor 6 Stunden
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Der Feiertags- und Volksfestklassiker von Olching sieht einen Sieger, der zwei Tage zuvor noch gar nicht auf der Nennliste gestanden hat.
Der Sieger war eigentlich gar nicht vorgesehen. Doch die Verantwortlichen des MSC Olching mussten in den zwei Tagen vor dem German Open – dem Traditionsrennen zu Fronleichnam – gleich zwei Fahrer neu verpflichten, nachdem die eigentlich Angeheuerten den Bayern hatten absagen müssen.
Anton Karlsson hatte sich am Dienstagabend beim schwedischen Ligamatch zwischen Västervik und Rospiggarna Hallstavik ein Schlüsselbein gebrochen. Der 24-Jährige war zunächst in seiner Heimatstadt ins Krankenhaus gekommen, dann aber auf eigenen Wunsch nach Polen gereist, um sich dort einer Schulter-OP zu unterziehen.
Anstelle des ehemaligen Juniorenvizeweltmeisters heuert der MSC Olching David Bellego an. „Ich bin erst am Morgen angereist, nachdem ich am Abend zuvor noch in Dänemark gefahren war. Das war ein ganz schöner Riemen zu fahren“, stöhnt der Franzose. „Ich bin noch nie hier gefahren, aber das ist eine schöne Bahn.“
Gleich in seinem ersten Lauf trifft Bellego auf den Olchinger Lokalmatador, Publikumsliebling und Vereinsvorstand Martin Smolinski, geht sofort in Führung – dann aber stürzen der blutjunge Ungar Zoltan Lovas, der ansonsten bei seinem Olching-Debüt restlos überzeugt, und Jesse Mustonen. Den Wiederholungslauf gewinnt Smolinski.
Ich bin völlig fertig. Ich hol' mir jetzt erst Mal ein Bier aufm Volksfest. – Martin Smolinski
Der aber wird in seinem zweiten Rennen hinter dem Dänen Sam Jensen und Jakob Jamróg, der kurzfristig den bei der Abreise noch daheim in einen Verkehrsunfall verwickelten Österreicher Sebastian Kössler vertritt, nur Dritter. Da Jamróg zuvor seinen ersten Heat auch gewonnen hat, zieht der Pole an „Smoli“ vorbei auf Zwischenrang 1.
Die Bahn neben dem traditionellen Olchinger Volksfest, eine Art Mini-Wiesn, ist trotz hochsommerlicher Temperaturen ausgeglichen und verlässlich präpariert: innen glatt, außen griffig, in jener Diskrepanz, die man braucht, um beide Linien nutzen zu können. Das erlaubt abwechslungsreiche und packende Läufe.

Vor allem Bellego und Jamróg nutzen das perfekt aus. Bellego bleibt nach seiner Auftaktniederlage gegen Smolinski für den Rest des Nachmittags ungeschlagen, besiegt in 11 Jamróg und übernimmt damit die Tabellenspitze. Die gibt er bis zum Abend nicht mehr her, siegt mit einem Punkt Vorsprung. Den Debütsieg im Münchener Speckgürtel führt der 32-Jährige aus Marmande auch auf seinen deutschen Tuner zurück: „Wir hatten gestern ein schlechtes Meeting. Joachim Kugelmann hat mir für Olching einen neuen Motor mitgebracht heute. Wenn es im ersten Lauf keinen Re-Run gegeben hätte, dann hätte ich sogar Maximum gefahren.“
Und das trotz Übernächtigung und fehlender Ortskenntnis auf der riesigen, schnellen Bahn in Olching: „Die Bahn ist tricky. Man muss sich sehr genau überlegen, wo man sich positioniert, um schnell zu sein. Der Bahndienst hat mit Bedacht Wasser gefahren und es geschafft, dass die Feuchtigkeit in der Bahn geblieben ist, ohne dass es rutschig geworden wäre.“
Um Platz 2 gibt es ein Stechen zwischen Jamróg und Smolinski, dass der Pole für sich entscheiden kann. Der unterlegene Vereinsvorstand hockt nachher mit hochrotem Kopf, aber so versonnen und allein auf der Haupttribüne wie einst Franz Beckenbauer nach dem WM-Titel auf dem Rasen – und ächzt: „3.000 Zuschauer, supergeile Veranstaltung. Ich bin völlig fertig, ich hol’ mir jetzt ein Bier aufm Volksfest.“
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